Schule muss die Kompetenzen vermitteln und prüfen, die Kinder und Jugendliche für Ausbildung, Studium und Beruf brauchen.
Mit Blick auf rasante gesamtgesellschaftliche Entwicklungen und den Einfluss von KI ist klar, dass auch die Prüfungskultur an unseren Schulen mit der Zeit gehen muss. Gemeinsam mit der Schulfamilie sowie der Expertise aus Wissenschaft und Wirtschaft wollen wir die bayerische Prüfungskultur an unseren Schulen weiterentwickeln.
Schulisches Prüfen erfüllt zwei zentrale Funktionen:
Als pädagogisches Diagnoseinstrument einerseits zeigt es aktuelle Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler auf und bildet den Ausgangspunkt für das weitere Lernen.
Schule hat andererseits auch die Aufgabe, Leistungen vergleichbar zu machen, z. B. bei den erreichten Abschlüssen. Kinder und Jugendliche werden auf ihrem individuellen Bildungsweg begleitet und finden ihren Platz in der Gesellschaft.
Vergleichsstudien belegen regelmäßig die hohe Qualität des bayerischen Schulsystems. Bei der Weiterentwicklung der Prüfungskultur halten wir an dieser Qualitätsorientierung fest. Bewährte Formen der Leistungserhebung werden durch neue Methoden ergänzt. Bei der Bewertung von Schulleistungen haben sich Ziffernnoten etabliert. Sie werden von Schülerinnen und Schülern wie auch Eltern als leicht verständliche Rückmeldung geschätzt. Auch in einer modernen Prüfungskultur dienen sie deshalb weiterhin als grundlegendes Bewertungsinstrument, werden jedoch ergänzt durch verschiedene Formen von lernförderlichem, transparentem Feedback.
Oberstes Ziel ist es, Schule als Ort des Lernens zu gestalten und junge Menschen als Persönlichkeit mit Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten heranzubilden.
Der aktuelle Stand
An jeder bayerischen Schule wird eine schulart- und schulspezifische Prüfungskultur gelebt. Leistungserhebungen orientieren sich seit dem LehrplanPlus an den Kompetenzen, die Schülerinnen und Schüler erwerben sollen. Vorgaben in den Schulordnungen bieten einen verlässlichen Rechtsrahmen. Schon heute bestehen innerhalb des verbindlichen Rechtsrahmens pädagogische Freiräume. In diesem Rahmen kommen auch alternative Formate von Leistungsnachweisen zum Einsatz. Diese Gestaltungspielräume und die daraus resultierenden Erfahrungen bilden die Basis für die Weiterentwicklung der Prüfungskultur.
Seit Einführung des LehrplanPLUS und dem damit eingeschlagenen Weg der Kompetenzorientierung hat sich die Unterrichts- und Prüfungskultur in den vergangenen Jahren maßgeblich weiterentwickelt.
Die Förderung selbstgesteuerten Lernens, die Entwicklung von Problemlösungsfähigkeiten und die Anwendung des Gelernten in realitätsnahen Kontexten sind heute selbstverständliche Bestandteile in schulischen Prüfungen.
Der rechtliche Rahmen für Leistungserhebungen ist im Bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen ( BayEUG ), in der Bayerischen Schulordnung ( BaySchO ) sowie den Schulordnungen der verschiedenen Schularten festgelegt.
Als allgemeine Prüfungsgrundsätze gelten dabei Chancengleichheit und Fairness, Nachvollziehbarkeit von Bewertungen und Transparenz sowie Verbot der Willkür oder Diskriminierung.
Bereits heute gibt es vielfältige Optionen und Alternativen im Bereich der Prüfungskultur, die erprobt sowie evaluiert sind und pädagogische Freiräume eröffnen.
Mit den in der Bayerischen Schulordnung festgelegten Modus-Maßnahmen, wie z. B. Projektprüfungen, Debatten oder Präsentationen, besteht ein Katalog zugelassener alternativer Formate von Leistungsnachweisen. Jede Schule kann schon jetzt aus diesem Pool an Möglichkeiten schöpfen und die schulinterne Prüfungskultur ihrem Schulprofil entsprechend ausgestalten.
Die Erprobung neuer Wege
In verschiedenen Schulversuchen (durchgeführt in Kooperation mit derStiftung Bildungspakt Bayern) werden neue Wege im Bereich der Prüfungskultur erprobt.
Im Rahmen von „Prüfungskultur innovativ“ und „KI@school“ haben sich Schulen mit neuen Formaten von Leistungsnachweisen und der Anwendung von KI befasst. Darauf aufbauend untersucht der neue Schulversuch „proof“ die Themen Prozessorientierung und Selbstreflexion in der Leistungsfeststellung. Auch diese Erkenntnisse aus der Praxis fließen in die Weiterentwicklung der Prüfungskultur ein.
Im Schulversuch Prüfungskultur innovativ ging es darum, Formate von Leistungsnachweisen zu erproben, die das Spektrum an Leistungsnachweisen erweitern können. Es wurden insbesondere Aufgabenformate in den Blick genommen, bei denen digitale Lernprodukte entstehen.
Künstliche Intelligenz (KI) ist eine der maßgeblichen Zukunftstechnologien. Ihre Verwendung im Bildungsbereich ist insbesondere mit der Erwartung verbunden, der wachsenden Heterogenität in Lerngruppen besser gerecht zu werden. Erste Erfahrungen hierzu wurden im Rahmen des Schulversuches KI@school gesammelt.
KI-gestützte Anwendungen erweitern die Möglichkeiten, den Leistungsstand von Schülerinnen und Schülern datengestützt zu analysieren, anhand von Feedback zu intervenieren und die Qualität von Lern- und Leistungsaufgaben zu analysieren. Im aktuellen Schulversuch proof geht es darum, sowohl für die Formate von Leistungsnachweisen als auch für den Prozess der Leistungsfeststellung die Potenziale von digitalen Werkzeugen, vor allem von KI-gestützten Anwendungen, zu nutzen.
Der bayerische Weg zur Weiterentwicklung der Prüfungskultur
Die zentralen Aspekte einer zeitgemäßen Prüfungskultur
Die Weiterentwicklung der Prüfungskultur ist ein offener, kontinuierlicher Prozess auf der Grundlage von Erkenntnissen aus Wissenschaft und Praxis, an dem alle bayerischen Schulen mitwirken.
Die folgenden gleichberechtigten, sich wechselseitig beeinflussenden Leitmotive guter Prüfungskultur befinden sich im Spannungsfeld der Dimensionen Qualitätssicherung, rechtliche Rahmenbedingungen sowie Fachlichkeit, Pädagogik und Didaktik. Die Leitmotive dienen als Kompass auf dem Weg zu einer zeitgemäßen Prüfungskultur.
Die Prüfungskultur an den verschiedenen Schularten
Bayern setzt auf ein differenziertes Schulsystem, das den individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler in besonderer Weise entspricht und Kinder und Jugendliche begabungsgerecht fördert.
Auch die Anforderungen an die schulartspezifische Prüfungskultur unterscheiden sich gemäß dem jeweiligen Profil bzw. dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der jeweiligen Schulart. Auch aus entwicklungspsychologischen Gründen muss die Prüfungspraxis an der Grundschule eine andere sein als beispielsweise am Gymnasium. Zentral sind – neben dem jeweiligen Schulartprofil – immer auch die erreichbaren Abschlüsse in jeder Schulart. Sie verleihen den Schülerinnen und Schülern diejenigen Qualifikationen, die sie für eine aktive Mitgestaltung unserer Gesellschaft brauchen.
Stand: 15. September 2025