Hinter Mobbing steckt ein System

"Wir machen dich trotzdem fertig!“

Der Leidensweg begann bei Ben mit einem zunächst harmlosen Streit mit seinem besten Freund Flo. Man war zwar schnell wieder gut miteinander, dennoch startete Flo in den nächsten Tagen eine Hetzkampagne gegen seinen Freund. Ein paar Pusteln auf Bens Haut erklärte Flo zur ansteckenden Hautkrankheit. Andere Attacken folgten, von Mitschülerinnen und Mitschülern, denen er das niemals zugetraut hätte. Allmählich wurde er immer mehr isoliert. Trotz aller Anfeindungen verließ er die Schule nicht. Was er jedoch in diesen Jahren erlebte, hat sein späteres Leben mitgeprägt.

Was ist Mobbing? Was ist Cybermobbing?

Von Mobbing an Schulen spricht man, wenn eine Schülerin oder ein Schüler wiederholt und über einen längeren Zeitraum negativen Handlungen eines oder mehrerer Schülerinnen und Schüler ausgesetzt ist.

Drei Merkmale sind für Mobbing zentral:

  • Die Schülerin oder der Schüler wird durch die Handlungen gezielt geschädigt.
  • Die negativen Handlungen erreichen ein bestimmtes Ausmaß, treten wiederholt auf und schädigen die Schülerin oder den Schüler länger anhaltend.
  • Es liegt ein Ungleichgewicht der Kräfte vor, sodass die betroffene Schülerin oder der betroffene Schüler alleine nicht in der Lage ist, sich aus der Mobbingsituation zu befreien.

Mobbing betrifft stets die ganze Gruppe bzw. Klasse. Es wird dabei regelmäßig und systematisch Macht gegenüber Schwächeren eingesetzt (Schubarth, W. (2019). Gewalt und Mobbing an Schulen, Möglichkeiten der Prävention und Intervention, 3., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Kohlhammer, S.99).

Wenn man von Mobbing spricht, muss im Zeitalter der Digitalisierung der Begriff Cybermobbing automatisch mit genannt werden. Die sozialen Medien sind für Kinder und Jugendliche von sehr großer Bedeutung.

Unter Cybermobbing versteht man das absichtliche Beleidigen, Bedrohen, Bloßstellen oder Belästigen anderer mithilfe von Internet- und Mobiltelefondiensten über einen längeren Zeitraum hinweg (Klicksafe.de).

Cybermobbing wird oft als besonders schwerwiegend empfunden. Gründe dafür sind, dass

  • die Angriffe zeitlich und räumlich nicht mehr auf die Schule beschränkt sind.
  • der Ausführende oft anonym bleibt, sodass Betroffene nicht einmal wissen, wer hinter der Attacke steckt.
  • dass es wegen der Unendlichkeit des Internets und der unbegrenzten Speicherung möglicher Beleidigungen für die Betroffenen kaum möglich ist, die Folgen des Cybermobbings abzuschätzen.

Die Begriffe Mobbing und Cybermobbing werden in den Medien mit steigender Häufigkeit gebraucht. Es liegt jedoch auch im Zusammenhang mit elektronischen Kommunikationsmitteln nur dann Mobbing vor, wenn die oben aufgeführten Merkmale von Mobbing erfüllt werden.

Fragen und Antworten zum Thema Mobbing

Wie weit verbreitet ist Mobbing?

In Deutschland werden nach der PISA-Studie der OECD (2018) 23% aller 15-jährigen Personen mehrmals im Monat Opfer von Mobbing an ihrer Schule. Aus dem OECD-Report zur Bedeutung des Schullebens für die Schülerinnen und Schüler geht hervor, dass 13% aller Befragten angeben, mehrmals monatlich Ziel von Spott und Lästereien zu sein. Jeweils fünf Prozent der Befragten geben an, in der Schule herumgeschubst und geschlagen oder bedroht worden zu sein. Insgesamt scheinen Jungen häufiger Mobbing-Opfer in der Schule zu sein als Mädchen (OECD (2019). PISA 2018 Results (Volume III): What school life means for students‘ lives. Paris: OECD Publishing).

Der Studie „Jugend, Information, Medien", kurz JIM-Studie, 2018 zufolge wurden über jede fünfte Person im Alter zwischen 12 und 19 Jahren bereits falsche oder beleidigende Inhalte per Handy oder im Internet verbreitet. Acht Prozent der Jugendlichen gaben an, selbst schon einmal im Internet fertig gemacht worden zu sein (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (2018). JIM-Studie 2018, Jugend, Information, Medien, Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger. Stuttgart: mpfs).

Welche Anzeichen dafür gibt es, dass Kinder oder Jugendliche gemobbt werden?

Mobbing kann für Betroffene weitreichende Folgen haben, deshalb ist es wichtig, Anzeichen möglichst frühzeitig zu erkennen. Folgende Signale können Anzeichen dafür sein, dass Kinder oder Jugendliche gemobbt werden:

  • Sie werden in diffamierender Weise gehänselt, beschimpft, lächerlich gemacht, ausgelacht, eingeschüchtert, bedroht, herumkommandiert, geschlagen usw.
  • Sie finden ihre Bücher oder anderen Besitz (Kleidung) nicht mehr oder häufig beschädigt vor.
  • Sie sind oft in Geldnöten.
  • Sie haben Prellungen, Verletzungen, Schnitte, Kratzer, für die es keine natürliche Erklärung gibt.
  • Sie sind (oft) allein und ausgeschlossen von der Gruppe Gleichaltriger.
  • Sie suchen in der Pause gern die Nähe zu Erwachsenen (Lehrkräften).
  • Sie haben Mühe vor der Klasse zu sprechen und machen eher einen unsicheren, ängstlichen Eindruck.
  • Sie scheinen oft hilflos, niedergeschlagen, den Tränen nahe zu sein.
  • Ihre schulischen Leistungen können plötzlich oder allmählich nachlassen.
  • Auch psychosomatische Beschwerden wie Kopf- und Bauchschmerzen treten immer häufiger auf.
  • Betroffene versuchen wiederholt den Schulbesuch zu vermeiden.

Welche Rollen haben die einzelnen Schülerinnen und Schüler?

Mobbing ist ein Prozess, an dem oft fast die ganze Klasse beteiligt ist. Schülerinnen und Schüler nehmen in dessen Verlauf die folgenden Rollen ein:

Akteurinnen und Akteure ergreifen die Initiative, um jemanden aktiv zu schikanieren und übernehmen die Führungsrolle in der Gruppe. Sie haben in der Regel ein Gespür für Verletzlichkeit und geschwächte Positionen.

Assistentinnen und Assistenten orientieren sich am Verhalten der Akteurin bzw. des Akteurs und unterstützen diese bzw. diesen vorbehaltlos. Sie schätzen oft die Auswirkungen des mobbenden Verhaltens falsch ein.

Verstärkerinnen und Verstärker unterstützen das schädigende Verhalten, indem sie Anerkennung signalisieren (z. B. lachen, applaudieren).

Verteidigerinnen und Verteidiger stellen sich zunächst auf die Seite der betroffenen Person und versuchen diese zu schützen.

Außenstehende erleben spürbar die zunehmende (negative) Veränderung im Klassenklima, sind aber aus unterschiedlichsten Gründen nicht bereit sich einzumischen. Ihre Passivität kann als Billigung interpretiert werden.

Die bzw. der Betroffene leidet unter den sich wiederholenden Attacken. Es handelt sich immer um Einzelpersonen.

Was ist typisch für Betroffene, was ist typisch für Akteurinnen und Akteure?

Mobbing ist an jeder Schule, in jeder Klasse bzw. in jeder Gruppe möglich. Es findet nicht zwischen einzelnen statt, sondern stellt ein Gruppenphänomen dar. Darunter leidet mit zunehmender Dauer auch das Schul-, Klassen oder Gruppenklima.

Prinzipiell kann jede bzw. jeder zur betroffenen Person werden. Es hängt von der Zusammensetzung der Klasse, von den dort geltenden Normen und vom Verhalten der Lehrkräfte ab (Schäfer, M. & Herpell, G. (2012). Du Opfer! Wenn Kinder Kinder fertigmachen. Reinbek bei Hamburg: Rohwolt).

Unterstützungsangebote bei Mobbing

Eltern und Betroffenen, aber auch Schulen und Lehrkräften stehen vielfältige Unterstützungsangebote zur Verfügung:

Unterstützungsangebote für Eltern und Betroffene

Kinder und Jugendliche brauchen oft Zeit, Mobbingerlebnisse richtig einzuordnen und sich Erwachsenen anzuvertrauen. Beobachtete Anzeichen von Mobbing müssen auf geeignete Art und Weise angesprochen werden. Berichte von Kindern und Jugendlichen über Mobbingvorfälle müssen stets ernst genommen werden.

Eine enge Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus ist dabei unabdingbar.

  • Als erstes sollte bei einem Mobbingverdacht daher eine Information der Klassenlehrkraft erfolgen. Hilfreich kann dabei die Dokumentation der Vorfälle sein. Dies kann durch das Führen eines Mobbing-Tagebuchs, in dem die wichtigsten Vorfälle (Zeit, Ort, Geschehen, Beteiligte) festgehalten werden, erfolgen oder durch das Anfertigen von Screenshots im Fall von Cybermobbing.

Weitere Unterstützungsangebote:

  • Schulpsychologinnen und Schulpsychologen sowie Beratungslehrkräfte an der Schule vor Ort stellen weitere kompetente Ansprechpersonen zum Thema Mobbing dar.
  • An den Staatlichen Schulberatungsstellen gibt es spezielle Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für das Thema Mobbing.

Eltern sollten keinesfalls von sich aus Kontakt zur Akteurin oder zum Akteur sowie deren bzw. dessen Eltern aufnehmen. Eine Verstärkung des unerwünschten Verhaltens könnte die Folge sein.

Von einem Klassen- oder sogar Schulwechsel der oder des Betroffenen wird dringend abgeraten. Dabei würde beim Kind oder bei der bzw. dem Jugendlichen der Eindruck entstehen, dass „Weglaufen“ ein möglicher Weg zur Lösung von Problemen ist und es keine Sicherheit und Unterstützung erwarten kann. Dies könnte für die oder den Betroffenen weitreichende negative Konsequenzen nach sich ziehen: Wer gemobbt wird, trägt oftmals langfristig körperliche und seelische Beeinträchtigungen davon.

Unterstützungsangebote für Lehrkräfte und Schulen

Unterstützungsangebote für Lehrkräfte und Schulen finden Sie hier.

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