Schule für Kinder beruflich Reisender

Seit dem Schuljahr 1996/97 ist im Freistaat Bayern die schulische Betreuung von Kindern aus Schaustellerfamilien, von Zirkusangehörigen und von fahrenden Personen neu geregelt und organisiert. Grundlage hierfür stellt die Amtliche Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 7. Februar 1996 dar.
Die Zielsetzung des Konzepts besteht darin, die Kontinuität der schulischen Förderung während der Reisezeit zu verbessern. Dies soll durch die Strukturmodelle "Stammschule" und "Stützpunktschule" sowie das "Schultagebuch" erreicht werden. Die Vernetzung der drei Modelle soll gewährleisten, dass die Schüler intensiver als bisher betreut und unterstützt werden. Dabei sollen ihnen grundlegende Bildungsinhalte im Unterricht vermittelt, aber auch Möglichkeiten der selbstständigen Weiterarbeit während der Reisezeit aufgezeigt werden. Bei den Eltern sollen Verständnis und Bereitschaft für einen kontinuierlichen Schulbesuch ihrer Kinder verstärkt werden.

Definition Kinder beruflich Reisender

Der Beschluss der Länderkonferenz für den Unterricht für Kinder beruflich Reisender vom 04.02.2021 und der Beschluss des 423. Schulausschuss am 24./25.06.2021 haben folgende Definition für Kinder beruflich Reisender verabschiedet:

Definition für Kinder beruflich Reisender1,2

Vorspann:

Schulpflichtige Kinder beruflich Reisender werden deutschlandweit im Rahmen eines über die Ländergrenzen hinweg etablierten Systems aus Stammschulen und Stützpunktschulen, unterstützt durch flächendeckend zur Verfügung stehende Bereichslehrkräfte, unterrichtet. Sie führen entweder ein Schultagebuch mit sich oder werden im Rahmen von DigLu (digitale Lern- und Organisationsplattform „Digitales Lernen unterwegs“) betreut.3 Ziel ist insbesondere eine kontinuierliche schulische Förderung der mit ihren Familien reisenden Kinder, die ihrer Lebenssituation bestmöglich Rechnung trägt und die einen Schulabschluss ermöglicht.

Dabei ist nicht jedes Kind und nicht jeder bzw. jede Jugendliche, dessen bzw. deren Eltern aus beruflichen Gründen reisen, ein Kind beruflich Reisender, wobei im Einzelfall die Grenzen fließend sein können. Mit wachsender beruflicher Mobilität auch anderer Berufsgruppen wird zunehmend eine Beschreibung der Zielgruppe für die genannten schulischen Maßnahmen erforderlich.

Definition:

Kinder beruflich Reisender sind Kinder und Jugendliche insbesondere aus Schaustellerfamilien, von Zirkusangehörigen und von Puppenspielern, aber z. B. auch Kinder von ambulanten Händlern, von Binnenschiffern und mobilen Scherenschleifern.

Kennzeichnend für diese Kinder und Jugendlichen ist, dass deren Eltern häufig ein Reisegewerbe im Sinne des § 55 GewO ausüben oder als ständiges Personal mitreisen.

Das kann für die Kinder beruflich Reisender bedeuten,

  • dass sie mit ihrer Familie als Lebens- und Erwerbsgemeinschaft in der Bundesrepublik und teilweise im europäischen Ausland reisen,
  • dass sie oft nur wenige Tage bis hin zu einigen Wochen an einem Ort verweilen,
  • dass sie in der Regel keinen oder nur in der Winterpause (Zeit in der üblicherweise keine Märkte, Jahrmärkte und Volksfeste stattfinden) einen festen bzw. regelmäßigen Aufenthaltsort haben und
  • dass sie deshalb jedes Jahr eine Vielzahl an unterschiedlichen Schulen und Klassen besuchen.

Wesensmerkmal für die berufliche Tätigkeit der Eltern ist, dass diese nur an wechselnden Orten stattfinden kann und damit zwingend mit der Reise verbunden ist, was sie von Reisen aus beruflichem Anlass (z. B. Journalisten, Geschäftsreisende) unterscheidet.

Abgrenzung:

Inwieweit unabhängig davon Kinder von Personen ohne festen Wohnsitz, die nicht unter die Gruppe der Kinder beruflich Reisender fallen, im Rahmen von Stamm- und Stützpunktschulen mit Unterstützung der Bereichslehrkräfte gefördert werden können und sollen, muss im Einzelfall entschieden werden.

Kinder, die z. B. aufgrund von Geschäftsreisen der Eltern bzw. eines alleinerziehenden Elternteils und/oder aufgrund ihrer individuellen familiären Situation (z. B. wechselnder Aufenthalt bei entfernt voneinander lebenden Erziehungsberechtigten) phasenweise nicht an ihrer Schule anwesend sein können, fallen grundsätzlich nicht unter die Regelungen für Kinder beruflich Reisender. Für sie müssen auf der schulrechtlichen Basis der jeweiligen Länder individuelle Entscheidungen getroffen und individuelle Vorgehensweisen gefunden werden.

1 Beschluss des 423. Schulausschuss am 24./25.06.2021

2 Beschluss der Länderkonferenz für den Unterricht für Kinder beruflich Reisender vom 04.02.2021

3 Während der Pilotphase zu DigLu müssen die KbR, die an der Erprobung teilnehmen, parallel noch das herkömmliche Schultagebuch mitführen.

Konzept zur schulischen Förderung der Kinder beruflich Reisender

Die Stammschule
Stammschule ist die Grund- oder Mittelschule, die der Schüler am Winterstandort oder in der reisefreien Zeit besucht. Sie führt die Schülerakten, hilft bei Lernschwierigkeiten im Rahmen der inneren Differenzierung, bereitet mit Eltern und Kindern gemeinsam die schulischen Aufgaben der neuen Reisesaison vor und führt nach Ende der Reisesaison den Schüler wieder an den Lernstand der Klasse heran.
Die Stammschule stellt die Lernmittel und das Schultagebuch bereit, stellt die Zeugnisse aus und entscheidet über das Vorrücken. Der Klassenlehrer der Stammschule hält mit den Eltern Kontakt auch während der Reisezeit, gibt ihnen Auskunft über den Wissensstand des Kindes und über mögliche Fördermaßnahmen.

Die Stützpunktschule
Stützpunktschule ist eine Grund- oder Mittelschule, die in unmittelbarer Nähe des gewöhnlichen Festplatzes liegt und die in jedem Schuljahr von einer größeren Anzahl von Kindern beruflich Reisender besucht wird. Sie ist auf die Betreuung reisender Kindern besonders eingestellt und hat die Aufgabe, jedes Kind nach den im Schultagebuch ausgewiesenen Lernplänen und den mitgebrachten Schulbüchern bestmöglich zu fördern. Die Eintragungen im Schultagebuch geben der Stützpunktschule Hinweise auf den aktuellen Leistungsstand sowie Empfehlungen zur Weiterarbeit. An jeder Stützpunktschule wird der Lernstand des Kindes im Schultagebuch dokumentiert und in einem Lernbericht festgehalten. Ebenso werden Empfehlungen für die Weiterarbeit an der nächsten Schule ausgesprochen. Eine Kopie des Lernberichts muss bei Abreise des Kindes an die Stammschule geschickt werden. Für die Dauer des Aufenthalts sollte sich die Stützpunktschule um ggf. Möglichkeiten der Mittags- und Hausaufgabenbetreuung bemühen.

Das Schultagebuch – Verwendung ab dem Schuljahr 2005/06
Ein regelmäßiger Informationsaustausch zwischen Stammschule und Stützpunktschulen ist unverzichtbarer Bestandteil des Konzepts, insbesondere geht es dabei um Informationen über den Lernfortschritt der Kinder.
Um dies für alle zu erleichtern und durchschaubar zu machen, wurden Schultagebücher zunächst für die Grundschule und 1998 für die Hauptschule eingeführt. Sie enthalten allgemeine Informationen und Hinweise für Eltern und Lehrkräfte sowie Minimallehrpläne für die Fächer Mathematik, Deutsch und Englisch (Hauptschule).
Im Auftrag der Kultusministerkonferenz (KMK) wurde nun ein bundeseinheitliches Schultagebuch entwickelt. Die bislang verwendeten Schultagebücher werden entsprechend modifiziert und sollen ab dem Schuljahr 2005/06 in Bayern wie folgt eingesetzt werden:

Der allgemeine Teil des Schultagebuches wird durch die Vorlagen des bundeseinheitlichen Schultagebuches ersetzt. Sie enthalten Informationen für die Stützpunktschulen, einen Schülerpersonalbogen, eine Vorlage für den Bericht der Stammschule zur Lernausgangslage, einen Schulbesuchskalender, eine Vorlage für einen Lernstandsbericht der Stützpunktschule sowie einem individuellen Lernplan für die Reise. Damit ist es möglich, den Leistungsstand und den Lernfortschritt des einzelnen Schülers zu dokumentieren, wodurch eine größere Kontinuität im Lernprozess erreicht werden soll.
Dieser Teil steht unten als Download zur Verfügung.

Das Schultagebuch beinhaltet außerdem Minimallehrpläne für die Fächer Deutsch und Mathematik, in der Mittelschule auch für das Fach Englisch. Sie stellen das Grundwissen heraus, das den Schülern in der jeweiligen Jahrgangsstufe vermittelt werden soll. Der Katalog der Minimallernziele ist unabhängig von bestimmten Schulbüchern konzipiert, das heißt mit allen derzeit für Bayern und auch in den anderen Bundesländern zugelassenen Schulbüchern in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch erreichbar. Somit kann damit länderübergreifend gearbeitet werden.
Die Minimallernziele wurden auf der Grundlage der neuen Lehrpläne für die bayerische Grundschule von 2000 und für die bayerische Hauptschule von 2004 überarbeitet. Sie ersetzen die bisher verwendeten Minimallernziele der Schultagebücher.

Mobile Bereichslehrkraft für Zirkus- und Schaustellerkinder

Das mit KMBek vom 07.02.1996 geltende Konzept zur schulischen Betreuung der Kinder beruflich Reisender mit seinen Komponenten Stammschule - Stützpunktschule - Schultagebuch wurde im Schuljahr 1997/98 durch das Pilotprojekt "Mobiler Bereichslehrer für Zirkuskinder" erweitert. In das ursprünglich nur für die Betreuung von Zirkuskindern entworfene Konzept werden seit Februar 1999 auch Kinder aus Schaustellerfamilien einbezogen.
Die Erfahrungen dieses Pilotprojekts haben dazu geführt, dass seit dem Schuljahr 2001/02 in allen Regierungsbezirken Mobile Bereichslehrkräfte im Einsatz sind. Die Bereichslehrkräfte in Bayern sind am Ende der Seite in einer Download-Datei aufgeführt.

Dieses Betreuungskonzept zielt auf Foglendes ab:

  • größere Kontinuität in der schulischen Förderung von Zirkus- und Schaustellerkindern und damit eine Verbesserung der schulischen Ausbildung,
  • Intensivieren der schulischen Betreuung und Ermöglichen der individuellen Förderung an den Schulbesuchstagen,
  • Unterstützen bzw. Herstellen von erforderlichen Kontakten zwischen den wechselnden Schulen,
  • Anpassen der Beschulung an die mobile Lebensweise,
  • Sensibilisieren der Eltern für eine schulische Ausbildung ihrer Kinder.

Aufgaben der Mobilen Bereichslehrer
Der Mobile Bereichslehrer betreut in seinem Einsatzgebiet reisende Zirkus- und Schaustellerunternehmen. Zu den Schwerpunkten seiner Arbeit zählen die unmittelbare schulische Förderung der Kinder, die Koordinierung der schulischen Betreuung sowie die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Schule und Zirkus- und Schaustellerfamilien. Durch individuelle Unterrichtsarbeit auf dem Festplatz oder in der Schule des Aufenthaltsortes sollen die schulpflichtigen Kinder der Familienzirkusse und Schaustellerunternehmen intensiv gefördert werden, vor allem im Bereich der grundlegenden Fähigkeiten in Mathematik und Deutsch.
Aufgabe des Mobilen Bereichslehrers ist es u. a.
 

  • die Kontakte mit den im jeweiligen Zielgebiet reisenden Zirkus- und Schaustellerfamilien herzustellen,
  • die Förderung der schulpflichtigen Kinder durch individuelle Unterrichtsarbeit zu intensivieren,
  • einen regelmäßigen Schulbesuch anzubahnen,
  • die erforderlichen Kontakte zu den wechselnden Stützpunktschulen und Stammschulen herzustellen und
  • durch vertrauensbildende Maßnahmen eine Kooperation mit den Eltern aufzubauen.

In der reisefreien Zeit steht der Mobile Bereichslehrer für die regelmäßige Betreuung der Schüler an den Stammschulen sowie für die Beratung der Erziehungsberechtigten zur Verfügung. Eine stetige Kontaktaufnahme mit den jeweiligen Lehrern der Stammschulen unterstützt und verbessert die Kontinuität der Förderung und damit der schulischen Ausbildung der Zirkus- und Schaustellerkinder.

Materialien zur Umsetzung der entwickelten Konzepte

Handreichungen für Lehrkräfte

Die bisherigen Handreichungen zur schulischen Förderung von Kindern beruflich Reisender (Band 1: Grundschule 1995, Band 2: Hauptschule 1999) werden nicht mehr vertrieben.

Sie werden ersetzt durch die neu konzipierte Handreichung zum Schultagebuch und zu Fragen der schulischen Bildung der Kinder beruflich Reisender „Leben und Lernen auf der Reise“. Diese Handreichung wurde im Zuge der Einführung des bundeseinheitlichen Schultagebuchs entwickelt.
Darin wird die Situation der reisenden Kinder und ihrer Familien als Herausforderung für Kinder, Eltern und Lehrkräften dargestellt und das neue Konzept „Lernen auf der Reise“ ausführlich dargelegt. Es folgen Hinweise zu den Bereichen „Stammschule“, „Schultagebuch“, „Lehrpläne“, „Stützpunktschule“, „Bereichslehrkräfte“ und „Zeugnisse/Leistungsbewertung“ sowie weitergehende Informationen.

Ansprechpartner für Bayern

Ansprechpartner für Bayern

Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 
Dr. Florian Bär, Regierungsschuldirektor
Salvatorstraße 2
80333 München
Tel.: 089 2186-2470
E-Mail: florian.baer@stmuk.bayern.de  


Ansprechpartner bei den Bezirksregierungen

Regierungsbezirk Oberbayern
Abt. Schul- und Bildungswesen

Karin Hall
Maximilianstr. 39
80538 München
Tel.: 089 2176-2918
E-Mail: karin.hall@reg-ob.bayern.de


Regierungsbezirk Niederbayern
Abt. Schul- und Bildungswesen

Mark Bauer-Oprée
Regierungsplatz 540
84028 Landshut
Tel.: 0871 808-1502
E-Mail: mark.bauer-opree@reg-nb.bayern.de


Regierungsbezirk Oberpfalz
Abt. Schul- und Bildungswesen

Heike Hecht
Emmeramsplatz 8
93039 Regensburg
Tel.: 0941 5680-1506
E-Mail: heike.hecht@reg-opf.bayern.de


Regierungsbezirk Oberfranken
Abt. Schul- und Bildungswesen

Stephan Doerfler
Ludwigstraße 20
95444 Bayreuth
Tel.: 0921 604-1380
E-Mail: stephan.doerfler@reg-ofr.bayern.de


Regierungsbezirk Mittelfranken 
Abt. Schul- und Bildungswesen

Dr. Eduard Gradl
Promenade 27
91522 Ansbach
Tel: 0981 53 1291
E-Mail: eduard.gradl@reg-mfr.bayern.de


Regierungsbezirk Unterfranken 
Abt. Schul- und Bildungswesen

Doris Grimm
Peterplatz 9
97070 Würzburg
Tel: 0931 380 1308
E-Mail: doris.grimm@reg-ufr.bayern.de


Regierungsbezirk Schwaben 
Abt. Schul- und Bildungswesen

Ingrid Rehm-Kronenbitter
Fronhof 10
86152 Augsburg
Tel: 0821 327 2537
E-Mail: ingrid.rehm-kronenbitter@reg-schw.bayern.de

Vorlese-Funktion

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