Themenheft Einsichten und Perspektiven (Ausgabe 2/13) - page 22

schriften. Kommt es zum Volksentscheid, ist gemäß Art. 86
LWG zur Abberufung des Landtags lediglich die (einfache)
Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich; ein Min-
destmaß an Beteiligung (Beteiligungsquorum) oder Zu-
stimmung (Zustimmungsquorum) wird nicht verlangt. Dies
entspricht der Entscheidung des Bayerischen Verfassungs-
gerichtshofs vom 2. Dezember 1949,
8
wonach es die Baye-
rische Verfassung dem Landesgesetzgeber nicht erlaubt,
eine Mindestzustimmung für den Volksentscheid festzu-
schreiben.
9
Obligatorisches Verfassungsreferendum
10
Einen besonderen Fall der direkten staatlichen Willensbil-
dung durch das Volk stellt das sogenannte obligatorische
Verfassungsreferendum dar. Danach bedürfen Beschlüsse
des Landtags zur Änderung der Bayerischen Verfassung
nicht nur einer Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des
Landtags (Art. 75 Abs. 2 Satz 1 BV), sondern sie müssen dar-
über hinaus „dem Volk zur Entscheidung vorgelegt wer-
den“ (Art. 75 Abs. 2 Satz 2 BV). Da die Verfassungsände-
rung in diesen Fällen bereits durch den Landtag initiiert
wurde, entfällt also das Stadium des Volksbegehrens, und es
bedarf nur eines Volksentscheids, zu dem das Nähere in
Art. 88 LWG, weitgehend durch Verweis auf die Bestim-
mungen zum Volksentscheid im Rahmen der Volksgesetz-
gebung, geregelt ist. Da Art. 75 Abs. 2 Satz 2 BV keine be-
sonderen Anforderungen stellt, genügt es für die Annahme
der Verfassungsänderung, wenn sie imVolksentscheid mehr
gültige Ja-Stimmen als Nein-Stimmen erhält (Art. 88 Abs. 3
LWG); ein Zustimmungsquorum existiert also auch hier
nicht. Demgegenüber sah Art. 50 Abs. 2 Satz 2 des vomVer-
fassungsausschuss der Bayerischen Verfassunggebenden
Landesversammlung diskutierten Verfassungsentwurfs vor,
dass die Mehrheit der stimmberechtigten Staatsbürger der
Verfassungsänderung zustimmen muss. Das Erfordernis
wurde in der Sitzung des Verfassungsausschusses vom
8 VerfGHE 2, 181/216 ff.
9 Eine Ausnahme gilt insoweit hinsichtlich solcher Volksentscheide, durch die die Bayerische Verfassung selbst geändert werden soll, vgl.
dazu auch den Abschnitt „Das Zustimmungsquorum bei Volksentscheiden über vollplebiszitäre Verfassungsänderungen“ in diesem Artikel.
10 Art. 75 Abs. 2 Satz 2 BV.
Volksbegehren und Volksentscheid in Bayern – Geschichte und rechtliche Grundlagen
Einsichten und Perspektiven Themenheft 2 | 13
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Direkte Demokratie ist kein auf Europa beschränktes Phänomen.
Quelle: IDEA
Anwendung direktdemokratischer Verfahren
Direktdemokratische Verfahren gesetzlich vorgesehen,
seit 1980 aber nicht genutzt
Direktdemokratische Verfahren nur auf unterer staatlicher bzw. kommunaler Ebene
Keine direktdemokratischen Verfahren; keine Information verfügbar
Direkte Demokratie
Ihre Verbreitung rund um die Erde
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