Themenheft Einsichten und Perspektiven (Ausgabe 2/13) - page 27

Einsichten und Perspektiven Themenheft 2 | 13
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35 S. Nr. 14 der Liste „Volksentscheide in Bayern seit 1946“ des Bayerischen Landesamts für Statistik und Datenverarbeitung; abrufbar unter
(Stand: 03.12.2013).
36 S. Nr. 19 der Liste „Volksbegehren in Bayern seit 1946“ des Bayerischen Landesamts für Statistik und Datenverarbeitung; abrufbar unter
(Stand: 03.12.2013).
37 BayVBl. 2013, 170.
38 VerfGHE 52, 104.
39 VerfGHE 52, 104/126; 60, 131/145.
40 VerfGHE 52, 104/133; 53, 42/61; 55, 28/41.
41 VerfGHE 29, 244/265; 38, 51/58; 43, 35/55; 53, 42/61; 61, 78/90. Eine bedeutende Ausnahme bildet das sogenannte „Finanztabu“ des
Art. 73 BV (vgl. hierzu auch den Abschnitt „Der Finanzvorbehalt des Art. 73 BV als besondere Grenze der Volksgesetzgebung“ in diesem
Artikel).
• Dem (auf eine Änderung des einfachen Rechts gerichte-
ten) Volksbegehren „Für echten Nichtraucherschutz!“
stimmten im Volksentscheid vom 4. Juli 2010 61,0 % der
Abstimmenden zu; der Landtag hatte keinen Alternativent-
wurf vorgelegt.
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Die Abstimmungsbeteiligung bei den Volksent-
scheiden reichte von 36,8%(kommunaler Bürgerentscheid)
bis 43,8 % (Volksentscheid zum Abfallrecht).
Für das (nicht verfassungsändernde) Volksbegeh-
ren „Grundrecht auf Bildung ernst nehmen – Studienbei-
träge abschaffen!“ hatten sich 1 352 618 Stimmberechtig-
te eingetragen, was einem Anteil von 14,3 % entsprach.
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Nachdem der Bayerische Verfassungsgerichtshof das
Volksbegehren in seiner Entscheidung vom 22. Oktober
2012
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mit Blick auf Art. 73 BV für zulässig erklärt hatte, hat
der Landtag den Gesetzentwurf des Volksbegehrens unver-
ändert angenommen (Gesetz zur Änderung des Bayeri-
schen Hochschulgesetzes vom 7. Mai 2013, GVBl. S. 251),
sodass ein Volksentscheid entfiel (Art. 73 Abs. 3 LWG).
VerfassungsrechtlicheVorgaben für die
Volksgesetzgebung in Bayern
Wie der Bayerische Verfassungsgerichtshof bereits 1949
entschieden hat, sind die in der Verfassung selbst enthalte-
nen Vorgaben für die Volksgesetzgebung abschließend, so-
dass die einschlägigen Regelungen im Landeswahlgesetz
nur technische Einzelheiten zum Gegenstand haben, nicht
aber eigene inhaltliche Anforderungen für Volksbegehren
und Volksentscheid aufstellen dürfen. Eine Ausnahme bil-
det insoweit das vom Verfassungsgerichtshof in seiner Ent-
scheidung vom 17. September 1999
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aus einer Lücke der
Verfassung hergeleitete Erfordernis eines Zustimmungs-
quorums bei Volksentscheiden über verfassungsändernde
Volksbegehren. In diesem Abschnitt wird auf die wesentli-
chen inhaltlichen Anforderungen eingegangen, während
weitere Einzelfragen im Rahmen der Darstellung über den
Ablauf des Volksgesetzgebungsverfahrens behandelt wer-
den.
Das Volk als Gesetzgeber
Das Verhältnis von Volks- und Parlamentsgesetz-
gebung in Bayern
In Anbetracht der hohen Wertschätzung, welche die Baye-
rische Verfassung der Volksgesetzgebung entgegenbringt,
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kommt der Parlamentsgesetzgebung trotz der grundsätzli-
chen Entscheidung der Verfassung für eine repräsentative
Demokratie
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keine höhere Wertigkeit zu als der Volksge-
setzgebung; vielmehr stehen beide Arten der Gesetzgebung
grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinander.
41
Diese normative Gleichwertigkeit darf freilich
nicht darüber hinwegtäuschen, dass schon aus Gründen der
praktischen Durchführbarkeit die Gesetzgebung durch den
Landtag tatsächlich die Regel, die Volksgesetzgebung hin-
gegen die Ausnahme ist.
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Besonders deutlich wird dies mit
Jugendliche bei einer Sitz-
blockade in München 1970
Foto: ullstein bild – Rudolf
Dietrich
Protest gegen den Bau derWiederaufbereitungsanlage für
Kernbrennstoffe beiWackersdorf während des Ostermarsches
1986:Teilnehmerin vom Bund für Umwelt und Naturschutz in
Deutschland
Foto: ullstein bild – Wolfgang M. Weber
Volksbegehren und Volksentscheid in Bayern – Geschichte und rechtliche Grundlagen
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