Themenheft Einsichten und Perspektiven (Ausgabe 2/13) - page 20

Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die bisheri-
ge Entwicklung und die Rechtsgrundlagen von Volksbe-
gehren und Volksentscheid als Instrumente der direkten
Demokratie in Bayern, insbesondere im Hinblick auf die
aus dem Volk heraus initiierte Gesetzgebung.
Das Volk als Entscheidungsträger nach der
Verfassung des Freistaates Bayern
Die – selbst durch Volksentscheid vom 1. Dezember 1946
1
angenommene – Verfassung des Freistaates Bayern (im Fol-
genden: Verfassung, Bayerische Verfassung oder BV) sieht
trotz ihrer grundsätzlichen Entscheidung für die repräsen-
tative Demokratie
2
in nicht unerheblichemUmfang auch ei-
ne Bildung des staatlichen Willens unmittelbar durch das
Volk vor. In diesem Abschnitt wird auf die diesbezüglichen
grundlegenden Verfassungsbestimmungen, die Instrumente
der direkten Demokratie auf Landesebene sowie deren Ein-
satzgebiete eingegangen.
Fundamentalnormen
Das Nebeneinander von mittelbarer und unmittelbarer
Demokratie ist Gegenstand mehrerer Bestimmungen des
1. Abschnitts des Ersten Hauptteils der Bayerischen Ver-
fassung („Die Grundlagen des Bayerischen Staates“). Ge-
mäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 BV tut das Volk seinen Willen
„durch Wahlen und Abstimmung“ kund. Neben die Wahl
als Entscheidung über die Zusammensetzung des Bayeri-
schen Landtags als Repräsentativorgan tritt also die Ab-
stimmung als unmittelbare politische Entscheidung des
Volkes. Dies entspricht vom Wortlaut her zwar im Wesent-
lichen Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG, wonach die Staatsgewalt
vom Volk „in Wahlen und Abstimmungen […]“ ausgeübt
wird. Im Unterschied zum Grundgesetz, das Abstimmun-
gen nur im Zusammenhang mit der Neugliederung des
Bundesgebiets und bei der Schaffung einer neuen Verfas-
sung vorsieht (Art. 29, 118, 118a und 146 GG), spielen Ab-
stimmungen im bayerischen Verfassungsleben aber eine be-
1 Die Abstimmungsbeteiligung betrug 75,7 % der Stimmberechtigten, der Anteil der Ja-Stimmen 70,6 %; s. Bayerisches Landesamt für
Statistik und Datenverarbeitung unter
(Stand: 20.11.2013).
2 VerfGHE 52, 104/133; 53, 42/61; 55, 28/41.
Volksbegehren und Volksentscheid in Bayern – Geschichte und rechtliche Grundlagen
Einsichten und Perspektiven Themenheft 2 | 13
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Volksbegehren und Volks-
entscheid in Bayern
Von Karl Huber
Geschichte und rechtliche Grundlagen
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