Themenheft Einsichten und Perspektiven (Ausgabe 2/13) - page 36

zwei Dritteln der Mitglieder erforderlich sei (Art. 75 Abs. 2
Satz 1 BV), während es beim anschließenden obligatori-
schen Verfassungsreferendum zum Landtagsentwurf (ent-
gegen Art. 79 Abs. 1 Nr. 2 LWG) auf ein Zustimmungs-
quorum nicht ankommen könne.
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Andererseits wird argu-
mentiert, dass das Verfahren insgesamt ein im Wege der
Volksgesetzgebung betriebenes bleibe, sodass der Landtag
auch einen verfassungsändernden Gegenentwurf mit einfa-
cher Mehrheit beschließen könne, der allerdings zur An-
nahme im Volksentscheid das Zustimmungsquorum von
25% der Stimmberechtigten erreichen müsse.
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Volksentscheid
Kommt es nach dem zuvor Gesagten zu einem Volksent-
scheid binnen drei Monaten ab Beschluss des Landtags
(Art. 74 Abs. 5 Satz 1 BV), so ist gemäß Art. 74 Abs. 7 BV
jeder demVolk zur Entscheidung vorgelegte Gesetzentwurf
„mit einer Weisung der Staatsregierung zu begleiten, die
bündig und sachlich sowohl die Begründung der Antrag-
steller wie die Auffassung der Staatsregierung über den Ge-
genstand darlegen soll“. Mit „Weisung“ ist eine Erläuterung
gemeint, die sich nach Art. 75 Abs. 2 Nr. 3 LWG auch auf
die Auffassung des Landtags einschließlich des dortigen
Abstimmungsergebnisses bezieht.
Stehen mehrere miteinander unvereinbare Gesetz-
entwürfe zum Volksentscheid an, kann der oder die Ab-
stimmende gleichwohl zu mehreren der Gesetzentwürfe
oder zu jedem einzelnen Gesetzentwurf mit „Ja“ stimmen
und auf diese Weise zum Ausdruck bringen, dass er oder sie
die befürworteten Gesetzentwürfe jeweils dem bisherigen
Rechtszustand vorzieht (Art. 76 Abs. 4 Satz 1 LWG). Dies
kann aber dazu führen, dass mehrere miteinander unverein-
bare Gesetzentwürfe mehr gültige Ja-Stimmen als Nein-
Stimmen erhalten, also jeweils angenommen wären. Die
abstimmende Person kann deshalb zusätzlich kenntlich ma-
chen, welchen der Gesetzentwürfe sie für diesen Fall vor-
zieht (Stichfrage; Art. 76 Abs. 4 Satz 2 LWG). Angenommen
ist dann derjenige Gesetzentwurf, der bei der Stichfrage die
Mehrheit der gültigen Stimmen erhält (Art. 79 Abs. 3 Satz 2
LWG).
92 Uwe Lipinski, BayVBl. 2010, 589/591 ff. mit weiteren Nachweisen.
93 Markus Möstl, in: Josef Franz Lindner / Markus Möstl / Heinrich Amadeus Wolff: Die Verfassung des Freistaates Bayern, München 2009,
Rn. 14 zu Art. 74.
Volksbegehren und Volksentscheid in Bayern – Geschichte und rechtliche Grundlagen
Einsichten und Perspektiven Themenheft 2 | 13
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Zwei Mitarbeiter des Rathauses in Frankfurt am Main stehen
am 11. November 2011 in Frankfurt am Main während der Vor-
stellung der Kampagne „Frankfurt fragt mich – Bürgerhaushalt
2013“ vor Stellwänden mit Fotomotiven der Aktion.
Foto: picture-alliance – dpa
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