Themenheft Einsichten und Perspektiven (Ausgabe 2/13) - page 42

10 Nur auf diese weiter reichenden Befugnisse bezieht sich die Darstellung in Tabelle 1 der legislativ und exekutiv anberaumten Referenden.
11 Im anderen Fall steht es der Regierung frei, den Landtag aufzulösen.
12 Siehe hierzu etwa Christina Eder/Adrian Vatter/Markus Freitag: Institutional Design and the Use of Direct Democracy: Evidence from the
German Länder, in: West European Politics 32 (2009), H. 3, S. 611–633.
einzuleiten (letzte Spalte in Tab. 1).
10
Die bremische Bür-
gerschaft hat die Möglichkeit, sowohl Verfassungsänderun-
gen als auch Gesetzesentwürfe zu anderen Fragen mit ihrer
Mehrheit dem Volk zur Abstimmung vorzulegen. Für den
sächsischen Landtag gilt das Gleiche, jedoch mit einer Be-
schränkung auf Verfassungsänderungen. Ein Drittel des
rheinland-pfälzischen Landtages genügt für die Beantra-
gung eines Volksentscheids. Allerdings liegt die Initiative
nicht allein in der Hand der Parlamentarier, da das Ansin-
nen des Landtages zusätzlich von einem Volksbegehren un-
terstützt werden muss. Die baden-württembergische Ver-
fassung sichert nur der Landesregierung, nicht jedoch dem
Parlament Befugnisse zur Einberufung eines Volksent-
scheids zu. Dies gilt sowohl für vom Landtag verabschiede-
te Gesetze als auch für von der Regierung eingebrachte,
doch vom Landtag abgelehnte Gesetzesentwürfe. In beiden
Fällen bedarf die Regierung jedoch der Unterstützung von
einem Drittel des Landtages. In Nordrhein-Westfalen ha-
ben sowohl Landtag also auch Regierung die Möglichkeit,
einen Volksentscheid über eine Verfassungsänderung zu in-
itiieren, wenn diese die erforderliche Zweidrittelmehrheit
verfehlt hat. Darüber hinaus kann die Regierung – ähnlich
der baden-württembergischen Regelung – einen eigenen,
vom Landtag abgelehnten Gesetzesentwurf zur Abstim-
mung stellen. Jedoch ist das ein potenziell gefährlicher Weg
für die Regierung, da sie abtreten muss, sollte ihr auch im
Volksentscheid die Unterstützung versagt werden.
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Parlamente spielen aber auch dann eine Rolle,
wenn Volksentscheide aus erfolgreichen Volksbegehren
hervorgehen. Die Parlamentarier stimmen über den im
Volksbegehren erfolgreichen Entwurf ab. Stimmen sie zu,
haben die Initiatoren des Volksbegehrens ihr Ziel erreicht,
und das Verfahren ist beendet. Findet der Entwurf hingegen
keine parlamentarische Mehrheit, ist der Weg frei für einen
Volksentscheid. Hier können nun die Landesparlamente ei-
nen eigenen Gesetzesentwurf – neben dem im Volksbegeh-
ren erfolgreichen – zur Abstimmung stellen. Diese Befug-
nisse dürfen jedoch nicht den Blick darauf verstellen, dass
sie es den Parlamentariern lediglich erlauben, in ein „von
unten“ in Gang gesetztes Verfahren einzugreifen. Darin un-
terscheiden sie sich deutlich von dem vorher dargestellten
Recht, legislative oder exekutive Referenden anzuberau-
men. Dieses legt die Initiative in die Hände repräsentativ-
demokratischer Akteure, eine Entscheidung, etwa in einem
Konflikt zwischen Regierung und Parlament, vom Volk
treffen zu lassen. In beiden Fällen werden die Bürger zu
Volksentscheiden aufgerufen, die jedoch unterschiedliche
politische Funktionen erfüllen, je nachdem, ob die Initiati-
ve von Regierung, Parlament oder Bürgern ausgeht.
Die Funktionsweise direktdemokratischer Verfah-
ren hängt auch von der Ausgestaltung der Verfahrensregeln
ab. Beispielsweise erschweren hohe Zugangshürden die
Einleitung von Volksbegehren und können so dazu beitra-
gen, dass dieses Instrument selten genutzt wird.
12
Tabelle 2
gibt daher einen Überblick über einige zentrale Verfahrens-
regeln zu Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksent-
scheiden. Es handelt sich dabei umUnterschriften- und Zu-
stimmungsquoren sowie Eintragungsfristen für die Unter-
schriftensammlung in den einzelnen Ländern. Damit ist die
Liste relevanter Regelungen direktdemokratischer Verfah-
ren bei Weitem nicht erschöpfend dargestellt. Weitere Re-
geln, die Nutzung und Erfolg beeinflussen können, betref-
fen etwa örtliche Beschränkungen bei der Unterschriften-
sammlung (teils nur in amtlichen Gebäuden möglich),
thematische Einschränkungen, Fristen, die den Parlamen-
ten für die Beratung über Volksinitiativen oder -begehren
Direktdemokratische Verfahren auf Landes- und Bundesebene
Einsichten und Perspektiven Themenheft 2 | 13
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Der Vermittler im Streit um das Bauprojekt Stuttgart 21, Hei-
ner Geißler (M.), gibt neben Baden-Württembergs Umwelt-
ministerinTanja Gönner (CDU, l.),Thomas Bopp von der Re-
gion Stuttgart und Hannes Rockenbauch (r.), Sprecher des
Aktionsbündnisses gegen „Stuttgart 21“, die Ergebnisse des
rundenTisches zur Schlichtung bekannt.
Foto: ullstein bild – AP
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