Themenheft Einsichten und Perspektiven (Ausgabe 2/13) - page 41

Direktdemokratische Verfahren auf Landes- und Bundesebene
Einsichten und Perspektiven Themenheft 2 | 13
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Quelle: eigene Darstellung auf Basis der Landesverfassungen und relevanter Gesetze (Anmerkung: Volksbegehren sowie durch Volksbe-
gehren initiierte Volksentscheide sind nicht eigens aufgeführt, da sie in allen Ländern institutionell verankert sind.)
Baden-Württemberg
Bayern
Berlin
Brandenburg
Bremen
Hamburg
Hessen
Mecklenburg-Vorpommern
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Rheinland-Pfalz
Saarland
Sachsen
Sachsen-Anhalt
Schleswig-Holstein
Thüringen
Volksinitiative
Typen vonVolksentscheiden
Vorhanden
Nein
Nein
Ja
Ja
Bürgerantrag
Ja
Nein
Ja
Ja
Ja
Ja
Nein
Volksantrag
Ja
Ja
Bürgerantrag
DreistufigeVolks-
gesetzgebung
-
-
Nein
Ja
Teils
Ja
-
Teils
Nein
Nein
Ja
-
Ja
Teils
Ja
Nein
Obligatorisches
Referendum
-
Ja
Teils
-
-
-
Ja
-
-
-
-
-
-
-
-
-
Legislatives, Exekuti-
ves Referendum
Exekutiv
Legislativ
Exekutiv, Legislativ
Legislativ
Legislativ
Tabelle 1: Übersicht über direktdemokratischeVerfahrenstypen in den Bundesländern
letztlich ein auf Initiative von Bürgern gegen den Willen der
Parlamentsmehrheit zustande gekommenes Gesetz zumEr-
gebnis haben können. Dieses zweistufige Verfahren der
Volksgesetzgebung bildet also gewissermaßen das Kern-
stück der direkten Demokratie auf Landesebene.
Damit ist das Repertoire direktdemokratischer
Verfahren in den Bundesländern nicht erschöpft, doch en-
det damit deren Einheitlichkeit. Wie Tabelle 1 zu entneh-
men ist, unterscheiden sich die deutschen Länder recht
deutlich hinsichtlich der Volksinitiative. In Bayern, Baden-
Württemberg, Hessen und dem Saarland sind Volksinitiati-
ven nicht in der Verfassung verankert. Auf den ersten Blick
gilt das auch für Bremen, Sachsen und Thüringen, hier er-
setzen jedoch sogenannte Bürger- bzw. Volksanträge die
Volksinitiative der Funktion nach. Die übrigen Länder ken-
nen alle das Instrument der Volksinitiative.
Unabhängig von der Bezeichnung nimmt die
Volksinitiative unterschiedliche Funktionen wahr. In Bran-
denburg, Hamburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Schles-
wig-Holstein ist sie zwingend der erste Schritt der Volksge-
setzgebung. Das heißt, in diesen Ländern kann per Volks-
begehren ein Volksentscheid nur dann herbeigeführt
werden, wenn eine Volksinitiative vorausging. In diesem
Fall spricht man von einer dreistufigen Volksgesetzgebung.
In den übrigen Landesverfassungen, die die Volksinitiative
aufführen, stellt sie einen eigenständigen Prozess dar. Wenn
der Vorschlag einer Volksinitiative parlamentarisch abge-
lehnt wird, folgt nicht automatisch ein Volksbegehren. Die-
ses muss vielmehr eigens beantragt werden. In diesen Fällen
liegt – wie in den Ländern ohne Volksinitiative – eine zwei-
stufige Volksgesetzgebung vor. Bremen, Mecklenburg-Vor-
pommern und Sachsen-Anhalt nehmen eine Mittelposition
ein. In diesen Ländern kann ein Volksbegehren durch eine
Initiative ausgelöst werden, doch ist diese nicht eine zwin-
gende Voraussetzung für jenes. Alternativ kann auch ein
Antrag auf Zulassung des Volksbegehrens gestellt werden.
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Volksentscheide zum Abschluss von aus der Mitte
der Bürgerschaft initiierten Gesetzgebungsprozessen sehen
– wie erwähnt – alle Bundesländer vor. Volksentscheide mit
anderer Funktion sind weniger verbreitet. Allein die baye-
rischen und hessischen Landesverfassungen schreiben einen
Volksentscheid zwingend als letzten Schritt einer Verfas-
sungsänderung vor (obligatorisches Referendum). In Berlin
bedarf eine Verfassungsänderung eines Volksentscheids nur
dann, wenn es sich um eine Änderung der in der Verfassung
niedergelegten Regelungen zur Volksgesetzgebung handelt.
Dies bedeutet allerdings nicht, dass in den anderen Ländern
direktdemokratische Verfassungsänderungen ausgeschlos-
sen wären. Eine solche Einschränkung ist nur in der saar-
ländischen Verfassung verankert.
In einigen Bundesländern besitzen darüber hinaus
Parlament oder Regierung die Befugnis, Volksentscheide
9 Zur Unterscheidung zwischen zwei- und dreistufiger Volksgesetzgebung vgl. Frank Meerkamp: Die Quorenfrage im Volksgesetzgebungs-
verfahren. Bedeutung und Entwicklung, Wiesbaden 2001, S. 60 ff.
1...,31,32,33,34,35,36,37,38,39,40 42,43,44,45,46,47,48,49,50,51,...64
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