Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel - page 46

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Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel
Begriffe bewerten) und im zweiten Test wurden den Teilnehmern aus insgesamt 20 Bildern jeweils 10
vorgelegt, die dann beschrieben werden sollten.
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Die Konzeption der Studie sieht als Ergänzung eine
repräsentative Befragung vor, um die Verbreitung von extremistischen Einstellungen in der Bevölke-
rung zu untersuchen.
Zentral war die Frage nach Einstellungsstrukturen bei Jugendlichen, die möglicherweise Anknüp-
fungspunkte für „Extremisten“ (Neu 2012, 5) bilden, die für eine Instrumentalisierung bzw. Mobilisie-
rung der Jugendlichen genutzt werden könnten.
Es geht um die Eruierung von Präventionsmöglichkeiten für das dem Linksextremismus affinen ju-
gendlichen Milieus.
Nach politisch motivierter Gewaltbereitschaft wurde in den Interviews nicht explizit gefragt, jedoch
sind in den Interviews Aussagen darüber zu finden.
Für den Bereich politisch motivierter Gewalt ist ein ambivalentes Bild auszumachen. Die meisten der
Befragten distanzieren sich grundsätzlich von Gewalt, jedoch wird je nach Kontext Gewalthandeln
legitimiert und akzeptiert. Innere Widersprüche werden bei einigen Befragten deutlich, indem sie
bspw. Che Guevara als Freiheitskämpfer ansehen, das Gewalthandeln in dem Kontext aber kritisch
bewerten. Nicht bei allen Befragten existiert eine eindeutige Grenze gegenüber Gewalthandeln. Viele
der Befragten verleihen ihrer Unsicherheit bezüglich der Legitimation der Mittel im Rahmen von Wi-
derstand Ausdruck. In der Reflexion über politisch motivierte Gewalt wird die Frage nach unschuldi-
gen Opfern gestellt.
Die Ablehnung von Gewalt ist eher situationsbezogen als grundsätzlich. Gewaltbereitschaft steigt in
Bezug auf Gewalt gegen Rechte, besonders Sympathisanten der Antifa-Szene haben Erfahrungen mit
Demonstrationen, in denen es zu politischer Gewalt kam.
Das Argumentationsmuster ist Neu zufolge durchweg ähnlich: Werden Sachbeschädigungen vorge-
nommen, ist ein Verletzungsrisiko von Unschuldigen auszuschließen, außerdem muss das Ziel be-
wusst gewählt sein (vgl. ebd. 44). Ob Gewalt legitim ist oder nicht, erfolgt häufig auf einer instrumen-
tellen Ebene. Die Reflexion läuft darüber, ob die politischen Ziele mit Gewalt erreichbar sind oder
nicht.
Die Ablehnung von Gewalt erfolgt bei einigen Befragten aus taktischen Gründen. Gewalt wird auch
als Symbol des Widerstands interpretiert. Das Wechselspiel zwischen Gewalt und Gegengewalt wird
von einigen als Reaktion oder Aktion auf das Verhalten anderer Demonstranten (meist Rechtsextre-
misten) und der Polizei beschrieben. Gegenüber Menschen mit rechtsextremem Hintergrund ist die
Gewaltbereitschaft hoch.
Polizeieinsätze bei Demonstrationen werden unterschiedlich bewertet. Die Spannbreite liegt zwi-
schen dem Vorwurf gegenüber Polizisten unverhältnismäßig stark gegen Demonstranten vorzugehen
bis hin zu der Aussage, dass sie nur ihre Aufgabe erledigen würden.
Das staatliche Gewaltmonopol wird in den Interviews nicht thematisiert.
Darüber hinaus sind als Ergebnisse festzuhalten, dass diese nach Neu (ebd.) den gängigen Befunden
der Linksextremismusforschung widersprechen. Neu zufolge konnte bei den Teilnehmern eine weit-
gehende Ideologiefreiheit festgestellt werden bzw. wurden bei den Einzelnen eher „Patchworkideo-
logien“ (ebd., 48) ausgemacht. Die Autorin begründet diese Ergebnisse damit, dass explizit keine
Interviewpartner mit geschlossenem Weltbild bzw. solche, die „im engeren Sinne extremistischen
29 Eine ausführliche Beschreibung des methodischen Designs ist nachzulesen in: Neu (2012, 14).
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