Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel - page 45

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Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel
Identität die Mobilisierungsfähigkeit sozialer Bewegungen beeinflussen, die Frage, „welche Auswir-
kungen Dauerhaftigkeit, Flexibilität, Inklusivität und Exklusivität kollektiver Identitätskonstruktionen
auf Art und Dauer des Engagements der AktivistInnen“ (Haunss 2004; Klappentext) haben. Fokussiert
wurden die Verschränkungen von Politik und Alltag. Mit Hilfe einer Mikro-Diskursanalyse der jeweili-
gen Bewegungszeitschriften wurden diese Prozesse sowohl für die Autonomen als auch für die
Schwulenbewegung untersucht. Im Zentrum standen Fragen, wie diese Prozesse in sozialen Bewe-
gungen ablaufen, welche Formen sie annehmen und aus welchen Elementen sie sich zusammenset-
zen (vgl. ebd.).
Schwarzmeier (2000) analysierte in der Studie „Die Autonomen zwischen Subkultur und sozialer Be-
wegung“ die Autonome Szene und fokussierte dabei deren enge Beziehung zwischen Kultur und Poli-
tik. Die Studie basiert auf der Auswertung szeneeigener Publikationen.
4.3 Die Perspektive auf „Jugend“ - zum aktuellen Forschungs-und Wissens-
stand
4.3.1 Wahl-/ Einstellungs-/ Extremismusforschung und der Blick auf Jugendliche
Die aktuell einzige Studie, aus dem Bereich der Einstellungsforschung, die sich auf Jugendliche be-
zieht, wurde von Neu (KAS) (vgl. 2012) erstellt.
4.3.1.1 Studie „Linksextremismus in Deutschland: Erscheinungsbild und Wirkung auf Ju-
gendliche“
In dem Untersuchungsdesign wird „Extremismus“ folgendermaßen definiert. Es wird angenommen,
dass dem Extremismus gemeinsame Dimensionen eigen sind, die unterschiedliche ideologische Aus-
richtungen annehmen können. Zu den extremismusübergreifenden Dimensionen zählen: „Fanatis-
mus, Dogmatismus, Antipluralismus, Absolutheitsansprüche (Wahrheitsmonopole), Freund-Feind-
Stereotype und Verschwörungstheorien“ (Neu 2012, 11). Für die vorliegende Studie wurden qualita-
tiv explorative Interviews mit Jugendlichen
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, die mit Hilfe eines Screenings
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ausgewählt wurden,
geführt. Bei den Interviews handelte es sich um Leitfadeninterviews gemäß eines sozialwissenschaft-
lichen Experiments: Es wurden mit jedem Teilnehmer zwei Tests durchgeführt, in denen im ersten
Teil Assoziationen zu insgesamt 64 Begriffen erhoben wurden (dabei musste jeder Teilnehmer nur 32
27 Befragt wurden Jugendliche, die zu „Linksextremismus affinen Personen“ (Neu 2012, 14) zu zählen sind. Insgesamt wurden mit 35
Jugendlichen im Alter von 15-24 Jahren Interviews geführt (25 der Interviewpartner waren männlich, 10 weiblich). Die Interviews wurden
von der Gesellschaft für Markt- und Sozialforschung im Zeitraum von Dezember 2010 bis Mitte Januar 2011 im Auftrag der KAS durchge-
führt. Die Interviews fanden in den Städten Berlin, Köln, Hamburg, Rostock, Nürnberg und Dresden mit einer Dauer von jeweils 1,5 Stunden
statt.
28 Basis für die Rekrutierung war ein Screening-Fragebogen, die Teilnehmer mussten politisch interessiert sein und folgende vier Items
beantworten:
„Die Macht der Großkonzerne, Menschen auszubeuten, muss gebrochen werden.
Es muss eine grundsätzliche Alternative zum Kapitalismus geben.
Der Staat geht generell unverhältnismäßig hart gegen linke Demonstranten vor.
Rechte Aufmärsche müssen mit allen Mitteln gestoppt werden.“ (Neu 2012, 19)
Diese Items beinhalteten eine Antwortskala mit folgenden Auswahlmöglichkeiten: „Stimme voll und ganz zu, stimme eher zu, stimme eher
nicht zu, stimme gar nicht zu.“ (ebd.)
Das Screening zielte entsprechend der von Rucht (1994) für den Bereich rechtsextremistischer Bewegungen entwickelten „Zwiebeltheorie“
auf die Ebene der Sympathisanten und Unterstützer. Es wird angenommen, dass dieses Modell auch auf andere extremistische Bewegun-
gen übertragbar ist.
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