Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel - page 37

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Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel
4.2 Linksextremismus und linksextremistisch motivierte Gewalt - zum ak-
tuellen Forschungs- und Wissensstand
4.2.1 Linksextremistisch motivierte Gewalt als Forschungsgegenstand
Für das Jahr 2009 wurde bundes- und auch bayernweit eine Zunahme an linksextremistisch motivier-
ten Straftaten registriert, dieser Trend setzte sich auch im Jahr 2010 fort. Laut Bayrischem Staatsmi-
nisterium des Innern (vgl. 2011, 167ff.) sind für Bayern im Jahr 2010 insgesamt 372 Straftaten als
„linksextremistisch motiviert“ eingestuft worden, im Jahr 2009 waren es noch 303 Taten. Von den
372 Delikten waren 172 (2009: 127) Gewaltdelikte, die übrigen 200 Straftaten sind sonstigen Strafta-
ten wie bspw. Sachbeschädigung zuzurechnen. Damit machen politisch linksextremistisch motivierte
Gewalttaten den größten Anteil an politisch motivierter Gewalt in Bayern im Jahr 2010 (im Vergleich
dazu waren es im Jahr 2010 eine Anzahl von 58 als politisch rechtsextremistisch motivierte Gewaltta-
ten eingestufte Gewalttaten). Die Autonomen werden im bayrischen Verfassungsschutzbericht (vgl.
Staatsministerium des Innern 2011) als größte linksextremistische, gewaltbereite Gruppierung in
Bayern bezeichnet. Linksextremistische Gewalt richtet sich vorwiegend gegen Sachen und Personen.
Die Delikte haben mehrheitlich einen antifaschistischen Hintergrund, die größtenteils im Zusammen-
hang mit rechtsextremistischen Veranstaltungen als Protestaktionen begangen wurden. Opfer waren
nicht nur die politischen Gegner, sondern im Besonderen richtete sich die Gewalt gegen Polizeibeam-
te. Von den 172 begangenen Gewaltdelikten waren 120 der Opfer Polizisten (2009: 61). Von den
2010 verzeichneten linksextremistisch motivierten Gewalttaten richteten sich 70% gegen Polizisten,
im Vergleich zum Vorjahr war das eine Steigerung von fast 100%. Aktionsfelder von Linksextremisten
sind nach dem Bayrischen Verfassungsschutz der Antifaschismus, der Antimilitarismus und die Anti-
Globalisierung (vgl. ebd., 184ff.).
4.2.1.1 Studie „Linke Gewalt in Berlin“
In einer Studie im Auftrag der Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlin (vgl. 2009) wird „Linke
Gewalt in Berlin“ analysiert. Es wurde der Zeitraum 2003-2008 berücksichtigt, insgesamt wurden
835 Delikte ausgewertet, die von der Polizei bzw. der Abteilung Staatsschutz des Landeskriminalam-
tes als „politisch links motivierte Gewaltkriminalität“ bewertet wurden.
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In der Analyse wurden drei Aspekte fokussiert:
Erstens ging es um die Frage des Ausmaßes und der Charakteristika von linker Gewalt in Berlin, zwei-
tens wurde der Zusammenhang zwischen linker Gewalt und Linksextremismus betrachtet und drit-
tens wurden Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Phänomenologie linker und rechter Gewalt-
taten zusammengetragen.
Quantitativ haben sich drei verschiedene Tatkontexte in Bezug auf linke Gewalt in Berlin herauskris-
tallisiert: Gewalttaten im Rahmen von Demonstrationen (371 Taten), Brandstiftungen (268 Taten)
und Gewalttaten, die sich „gegen rechts“ gerichtet haben (232 Taten). In Bezug auf die Wissenschaft-
lichkeit der Studie wird eingeräumt, dass bei der Erhebung der Datengrundlage nicht wissenschaftli-
che, sondern polizeiliche Kriterien Anwendung fanden.
15 In der Studie wird der Begriff „linke Gewalt“ synonym für „politisch motivierte Gewaltkriminalität – links“ verwendet.
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