Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel - page 47

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Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel
Organisationen angehören“ (ebd., 49) ausgewählt wurden, da diese nicht die Zielgruppe für Präven-
tionsarbeit darstellen.
Sie kommt zu dem Ergebnis, dass ein Großteil der Befunde nicht im Sinne der Definition von Extre-
mismus zu interpretieren ist. Die Befunde umfassen Einstellungen zur sozialen Gerechtigkeit, Einstel-
lungen zum Kapitalismus, Einstellungen zum Sozialismus und zur DDR, die Bedeutung von Ideologien,
Verschwörungstheorien, die Bedeutung des Kampfes gegen Rechtsextremismus und Einstellungen
bezüglich Gentrifizierung. Ergebnisse:
Demokratie wird überwiegend positiv bewertet, jedoch wird von einigen die Umsetzung
kritisch gesehen.
Gegenüber bestimmten Gruppierungen wie bspw. Armen oder Ausländern wird die
Gesellschaft als ausgrenzend empfunden.
Vorrangig stellt der Kampf gegen Rechtsextremismus die Motivation für politisches Handeln
dar. Die DDR als Überwachungsstaat wird abgelehnt.
Das Feld der sozialen Gerechtigkeit ist durch Unzufriedenheit und Frustrationen geprägt.
Der Sozialstaat wird im Sinne der Befriedigung der Grundbedürfnisse positiv bewertet, die
sozialen Unterschiede werden kritisiert.
Die Dominanz der wirtschaftlichen Aspekte, die das Leben und die Entscheidungen prägen
und die Freiheiten der Menschen einschränken, wird kritisiert.
Verschwörungstheorien sind bei den Befragten weit verbreitet.
Die Gefahr, dass die Befragten anfällig für geschlossene Weltbilder sind, ist der Autorin zufolge mit
den Ergebnissen der Studie erwiesen, da die Meinungsbilder der Interviewten nicht durchgängig kon-
sistent seien.
4.3.2 Forschungsgegenstand: Die Autonome Szene und die Perspektive auf Jugendliche
Für eine Perspektive auf Jugendliche spielt die Autonome Szene eine herausragende Rolle. Das Deut-
sche Jugendinstitut beschreibt die Autonome Szene als die bei Jugendlichen und Heranwachsenden
„populärste linksradikale Strömung“ (vgl. Ausschreibungstext Expertenhearing DJI 2011). Bezüglich
der Gewaltthematik sind laut der Daten der Verfassungsschutzbehörden (vgl. Verfassungsschutzbe-
richte) die Autonomen sowohl 2010 als auch in den Jahren zuvor die Gruppierung gewesen, die für
die meisten „linksextremistisch motivierten Gewalttaten“ verantwortlich waren.
Nach Angaben der Verfassungsschutzbehörden ist ein Großteil der Szeneangehörigen zwischen 18
und 28 Jahren alt. Es handelt sich vorwiegend um Schüler, Studenten, Auszubildende, Menschen, die
eine gescheiterte Ausbildung hinter sich haben, die arbeitslos sind oder nur gelegentlich einer Tätig-
keit nachgehen und/oder Sozialleistungen beziehen (vgl. Pfahl-Traughber 2008, 4).
4.3.2.1 Zum Thema „Autonome Szene“ in Gesprächen mit Experten
Einem Experten zufolge ist die Autonome Szene „ganzheitlich orientiert“. Sie zeichnet sich durch
hohe Anforderungen bezüglich Engagements an die Angehörigen aus, politisches Engagement wird
erwartet. Das Engagement in der Szene beeinflusst den ganzen Lebensstil. Damit wird der Versuch
unternommen, das ganze Leben „politisch korrekt“ zu gestalten. Dazu gehört bspw. die Ernährung
oder das Konsumverhalten. Durch die hohen Anforderungen an die Szeneangehörigen kann nur eine
Minderheit angesprochen werden, es bedarf einer sehr hohen Identifikation, sich in diesem Maße im
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