Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel - page 53

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Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel
und haben hohe Relevanz. Ausgeprägt sei sexistisches, homophobes, antisemitisches Gedankengut,
das in Form von Sprüchen, Gesten und Liedern während eines Fußballspiels präsentiert werde.
Manche Fans im besonderen Ultragruppen engagieren sich für den eigenen Verein. Ultras sind nicht
per se politisch, sie verstehen sich jedoch als eine Art Protestbewegung, der Protest richtet sich ge-
gen aktuelle Entwicklungen im modernen Profifußball. Sie identifizieren sich vollständig mit ihrer
Rolle als Fan. Neben ihrer kritischen Haltung gegenüber den aktuellen Entwicklungen im Profifußball
wird darüber diskutiert, ob und wie auch fußballfremde politische Themen im Stadion eine Rolle
spielen. Dies wird in der Szene kontrovers diskutiert. Es ist zu beobachten, dass sich immer mehr
Gruppierungen zu politischen und gesellschaftlichen Themen öffentlich positionieren. In Deutschland
sind Peltzer/ Langner (vgl. 2007) zufolge jene Gruppen, die sich als „politisch“ definieren, überwie-
gend politisch links zu verorten.
Experten zufolge gibt es „antirassistische Fangruppen“, die aktiv werden, sobald im Stadion rassisti-
sches Gedankengut geäußert wird. Dann wird dagegen angesungen oder es werden auch mal die
betreffenden Personen persönlich angesprochen.
Von außen werden solche Fangruppen mit linker Politik in Verbindung gebracht, sie selbst bezeich-
nen sich jedoch nicht automatisch als links wie bspw. die Ultragruppe „Schickeria“ des FC Bayern
München zeigt. Auf deren Homepage
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ist nachzulesen, dass sie damit konfrontiert werden, „linke
Politik“ in die Stadien zu tragen. Sie selbst beschreiben ihr Engagement gegen Rassismus folgender-
maßen:
„Erstens sehen wir Antirassismus nicht als „linke Politik“, sondern als gesunden Menschenverstand.
Rassismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen und es ist die Pflicht von jedem frei denkenden
Menschen, sich Rassisten, wo auch immer sie auftreten, entgegen zu stellen. Außerdem erscheint es
uns schizophren, einerseits Woche für Woche ausländischen Spielern im Trikot des FC Bayern zuzu-
jubeln und dabei mit Freunden aus den verschiedensten Ländern zusammen in der Kurve zu stehen
und andererseits rassistisches Gedankengut zu verbreiten oder zu erdulden. (…) Zweitens ist Rassis-
mus nach wie vor in deutschen Stadien und auch beim FC Bayern ein Problem. Rassismus und rassis-
tische Äußerungen treten in Deutschlands Stadien zwar nicht mehr so offensichtlich auf wie früher,
dennoch wird er von vielen auch als Bagatelle abgetan und ist (mehr oder weniger) unterschwellig
noch vorhanden (…). Dem gilt entgegenzutreten.“
4.3.3.1 Gewalt und Fußball
Aus den Gesprächen mit Experten ging hervor, dass das Thema Gewalt im Fußball präsent ist, jedoch
nicht eine so große Rolle spielt, wie von den Medien beschrieben. Es wird besonders bezogen auf
Ultragruppen thematisiert, wobei sich viele selbst als nicht gewaltbereit bezeichnen (vgl. Pilz/ Wölki-
Schumacher 2010, 17). In den einzelnen Gruppen gibt es sowohl Personen, die sich auf die Unterstüt-
zung der Mannschaft durch Choreografie etc. und auf Fanpolitik konzentrieren, jedoch auch solche,
die in der Gruppe durch zu starken Gegendruck (emotionale Einengung der eigenen Bewegungsfrei-
heit, Alkohol, gruppendynamische Prozesse bspw.) auch zu Vandalismus neigen (vgl. ebd.).
Die Experten konstatieren, dass im Zusammenhang mit Gewalt im Fußball männliche Rollenbilder
relevant sind. Fußball ist eine männerdominierte Szene, männliche Rollenbilder werden im Fußball
noch verstärkt. In ausgeprägter Form ist dies bspw. an Hooligangruppen abzulesen. Wie sehr die
Tendenz ausgeprägt ist, wird durch die verschiedenen sozialisatorischen Einflüsse mitbestimmt. Die
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