Magazin Einsichten und Perspektiven (Ausgabe 3/13) - page 30

Arbeitslosenzahlen in der
Weimarer Republik
Quelle: Nach Konjunkturstatistisches
Handbuch 1936, hg. v. Ernst
Wagemann, Institut für Konjunktur-
forschung, Berlin 1935, S. 16
zent verzeichnen, dem Rückgang von 5,6 Prozent in der
Bundesrepublik folgte nur noch ein solcher von einem Pro-
zent, und die Leistung anderer wichtiger Industrieländer
wie Frankreich schien bereits wieder bescheiden zu wach-
sen (0,4 Prozent) oder, wie in den USA, zumindest nicht
weiter zu schrumpfen. Auch wenn sich die Arbeitslosen-
quote in den USA seither um acht Prozent bewegt, in der
Eurozone aktuell bei zwölf Prozent liegt, in Ländern wie
Spanien oder Griechenland sogar ein Viertel der Erwerbs-
fähigen ohne Beschäftigung ist,
4
scheint die Große Depres-
sion der 1930er-Jahre das alles nach wie vor in den Schatten
zu stellen: Hier war im Verlauf der gesamten Krise in den
USA die Industrieproduktion um fast 47 Prozent zurück-
gegangen, imDeutschen Reich um knapp 42 Prozent, in Ita-
lien und Frankreich um 33 bzw. 31 Prozent, während allein
in den USA und dem Deutschen Reich die Wirtschaftslei-
stung um ein Viertel sank und die Arbeitslosenquote in den
Industrieländern auf über 20 Prozent stieg.
5
Auch aufgrund dieser Daten scheint bei Wirt-
schaftshistorikern die Auffassung zu überwiegen, dass sich
trotz gewisser Parallelen die Geschichte kaum wiederholen
4 Die Daten lassen sich generieren mit dem Statistikportal „Statista“ unter:
/ [Stand: 8. September 2013].
5 Vgl. Christina D. Romer: Great Depression, Article forthcoming in the Encyclopaedia Britannica, 2003, S. 10, abrufbar unter:
[Stand: 8. September 2013].
6 Vgl. Florian Pressler: Die erste Weltwirtschaftskrise. Eine kleine Geschichte der Großen Depression, München 2013, S. 225.
7 Werner Plumpe: Wirtschaftskrisen. Geschichte und Gegenwart,
2
München 2011, S. 114.
8 Michael Grömling / Michael Hüther / Manfred Jäger / Rolf Kroker: Deutschland nach der Krise: Aufbruch oder Depression? Wirtschafts-
historische Betrachtung und wirtschaftspolitische Leitlinien, Köln 2009, S. 93 (= Analysen. Forschungsberichte aus dem Institut der deut-
schen Wirtschaft Köln Nr. 55).
9 Nouriel Roubini / Stephen Mihm: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft,
3
München 2011, S. 368.
10
r. 14 vom
26. März 2009.
Krisen und Krisenängste. Die Erfahrung der „Großen Depression“ und die Krise der Weltwirtschaft seit 2007
Einsichten und Perspektiven 3 | 13
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dürfte.
6
Vielmehr habe „die gegenwärtige Krise mit der
Weltwirtschaftskrise von 1929 nicht sehr viel zu tun […], da
das Krisenumfeld vollständig anders ist und der bisherige
Krisenverlauf auch nicht dem der Weltwirtschaftskrise von
1929 entspricht“.
7
Selbst das Institut der deutschen Wirt-
schaft (IW) stellte bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt
fest, „dass sich Deutschland in einer gänzlich anderen wirt-
schaftlichen Konstellation befindet als das Deutsche Reich
vor und während der Großen Depression der 1930er Jah-
re“.
8
Demgegenüber scheinen die wirtschaftspolitisch Han-
delnden, also Regierungsvertreter, Präsidenten von Zentral-
banken und Vertreter des Internationalen Währungsfonds
(IWF), die Entwicklung von Beginn an weniger gelassen ge-
sehen zu haben, wenngleich deren „kollektive Reaktion […]
nicht immer koordiniert oder durchdacht“ war.
9
Seit gerau-
mer Zeit mehren sich auch Unstimmigkeiten, beispielswei-
se wenn der US-amerikanische Finanzminister Timothy
Geithner oder Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman
als Kolumnist in der New York Times den Sparkurs der
deutschen Bundesregierung kritisieren,
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die Deutsche Bun-
desbank immer wieder einmal vor dem Aufkauf von Staats-
Arbeitslosenzahlen in derWeimarer Republik
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