Magazin Einsichten und Perspektiven (Ausgabe 3/13) - page 23

Internet, Facebook, Twitter & Co.
Einsichten und Perspektiven 3 | 13
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Der demokratische Präsidentschaftsbewerber Howard Dean, um-
geben von Anhängern, auf einer Wahlkampfveranstaltung in Spo-
kane am 25. August 2003. Deans Nutzung der „neuen“ Medien
für Wahlkampfzwecke gilt als wegweisend für die Obama-Kam-
pagnen 2008 und 2012.
Foto: ullstein bild, Reuters, Fotograf: Jason Reed
öffnete vor allem auch die Möglichkeit der schnellen Ver-
breitung von Bewegtbildern außerhalb der klassischenMas-
senmedien.
Die US-amerikanischen Präsidentschaftswahl-
kämpfe der Jahre 2008 und 2012 haben schließlich in be-
sonderer Weise vorgeführt, was sich mit den „neuen Me-
dien“ machen lässt. Schon 2008 galt die Obama-Kampagne
als vorbildlich für den Einsatz digitaler Techniken bei der
Stimmenwerbung: “
The2008 racefor theWhiteHouse
[...]
fundamentally upended the way presidential campaigns are
fought in this country
„ , urteilte
New-York-Times
-Bericht-
erstatter Nagourny, als der Wahlkampf zu Ende ging. Viel-
leicht mehr noch als in den USA hat die Obama-Kampagne
2008 die Wahlkampfbeobachter aus anderen Ländern be-
eindruckt. „Obama“ wurde geradezu gleichbedeutend mit
dem digitalisierten Wahlkampf oder „
election 2.0
8
, obwohl
seine Kampagne keine neuen Instrumente aufbrachte, wohl
aber die Möglichkeiten des Online-Wahlkampfes in einer
Weise nutzte, wie man sie bisher noch nicht gesehen zu ha-
ben meinte.
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Zu bewundern war der Einsatz von
E-Mails, Websites und sozialen Netzwerken für die Orga-
nisation und Mobilisierung der Kampagnenhelfer und für
das in den USA so wichtige Fundraising sowie für die An-
sprache der Wählerschaft, der Einsatz von Youtube und von
SMS. In jeder Hinsicht übertraf Barack Obama dabei seinen
Gegner John McCain: Doppelt so viele Leute besuchten
Obamas Website; er hatte viermal mehr Zuschauer für sei-
ne Youtube-Videos, fünfmal mehr Freunde allein auf Face-
book; dazu passt, dass er auch zehnmal mehr Mitarbeiter für
die Online-Kampagne hatte.
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Der Hype um die digitalen
Kampagneninstrumente machte jedoch vergessen, dass der
größere Teil des Kampagnenbudgets von Obama immer
noch in die klassische Wahlwerbung im Fernsehen ging.
Auch im Präsidentschaftswahlkampf 2012 richtete
sich der Blick abermals auf die Obama-Kampagne. Wieder
hatte Obama einen deutlichen Vorsprung gegenüber seinem
Herausforderer. Obama postete deutlich mehr in sozialen
Netzwerken und Blogs als Mitt Romney und bekam auch
erheblich mehr Resonanz durch Facebook-Likes, Twitter-
Retweets und Reaktionen auf Youtube.
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Im Sommer 2012
hatte Obama mehr als 27,6 Millionen Freunde auf Face-
book, 207000 Youtube-Abonnenten und mehr als 18 Mil-
lionen Follower auf Twitter. Der Vergleich mit 2008, als
Obama lediglich 1,7 Millionen Freunde auf Facebook und
83000 Youtube-Abonnenten hatte, belegt die rasante Ent-
wicklung.
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Dennoch behält die Fernsehwerbung ihre Rele-
vanz. DieObama-Kampagne investierte 2012 404Millionen
Dollar in Fernsehspots, die Romney-Kampagne sogar
492 Millionen Dollar.
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In die Internetwerbung gingen für
Obama dagegen nur etwas mehr als 52 Millionen Dollar, für
Romney gut 26 Millionen.
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Daneben zeichnete sich die US-Wahlkampagne
2012 durch einen noch einmal verfeinerten Zielgruppen-
zuschnitt aus. Schon nach dem Wahlkampf 2008 galt die
Wählerdatenbank der Demokraten als ihre „neue Waffe“,
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sie ist die Schatztruhe, die der Kampagnenorganisation das
Microtargeting
erlaubt. Das heißt, aufgrund einer riesigen
Menge von Daten kann die Wähleransprache sehr fein per-
sonalisiert werden. Solche Wählerkarteien gab es schon lan-
ge, und sie dienten vor allem als Grundlage für Telefonkon-
takte, um die Wählerinnen und Wähler zu mobilisieren und
8 Darren G. Lilleker / Nigel A. Jackson: Elections 2.0: Comparing e-campaigns in France, Germany, Great Britain and the United States, in:
Schweitzer/Albrecht (Hg.): Das Internet im Wahlkampf. Analysen zur Bundestagswahl 2009, Wiesbaden 2011, S. 96–116.
9 Vgl. Jungherr / Schoen (wie Anm. 7), S. 102 f.
10 Jennifer Aaker / Victoria Chang: Obama and the power of social media and technology, 2009.
11 Vgl. Pew Research Center: How the presidential candidates use the web and social media. Obama leads but neither candidate engages in
much dialogue with voters, August 2012.
12 Vgl. ebd.
13 Mad Money: TV ads in the 2012 presidential campaign, The Washington Post online.
14 Laura Stampler: Obama spent more on online ads than it cost to build the Lincoln Memorial, in: Business Insider, November 2012.
15 David Talbot: Die neue Waffe der Demokraten, in: Technology Review vom 15. Januar 2009.
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