Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel - page 25

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Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel
nenlernens gab es Vorbehalte gegenüber der Studie, deren Zielen und dem Auftraggeber. Letztlich
konnte ein Interviewpartner gewonnen werden. Weitere, zunächst in Aussicht stehende Interviews,
fanden nicht statt. Im Anschluss an das geführte Interview wurde unser Anliegen in der Gruppe der
engagierten Fußballfans diskutiert mit dem Ergebnis, dass man sich als Gruppe gegen eine weitere
Mitarbeit entschied. Die Begründung beinhaltete Befürchtungen vor den Konsequenzen und Ver-
schärfungen von Repressionen für die eigene Gruppierung. Darüber hinaus wurde deutlich, dass
letztendlich die Gruppeninteressen über die des Einzelnen gestellt wurden und man sich dem Willen
der Gruppe anschloss. Auch wenn Einzelne die Studie spannend fanden und an einer weiteren Mitar-
beit interessiert waren, agierte man als „Gruppe“ und ordnete die eigene Bereitschaft dem Willen
der Gruppe unter.
Einen weiteren Weg, den wir einschlugen um Interviewpartner für unsere Studie zu finden, vollzog
sich über vier bayrische Justizvollzugsanstalten. Um in bayrischen Justizvollzugsanstalten forschen zu
dürfen, ist es notwendig, einen Antrag beim Kriminologischen Dienst des Bayrischen Justizvollzugs zu
stellen. Nachdem wir den Antrag gestellt, das Antragsverfahren durchlaufen und grünes Licht bezüg-
lich unserer Forschungsanfrage bekamen, wurden uns vier für uns in Frage kommende Justizvollzugs-
anstalten in Bayern genannt. Dort stellten wir eine Anfrage nach Jugendlichen bzw. jungen Erwach-
senen, die im Rahmen ihres gesellschaftlichen bzw. politischen Engagements und Protests bzw. ih-
rem Engagement und Protests gegen „Rechts“ straffällig geworden sind oder die für Straftaten verur-
teilt wurden, die sich gegen die Polizei richteten. Für die Zielgruppe gelten als „typische“ Strafbe-
stände: Sachbeschädigung (§303 StGB), Landfriedensbruch (§125 StGB), Widerstand gegen Vollstre-
ckungsbeamte (§113 StGB); Körperverletzung (im Zusammenhang mit Polizisten oder „Rechten“)
(§223 StGB) und Verstoß gegen das Vermummungsverbot (§27 Abs. 2 bzw. §29 Abs. 2 Versamm-
lungsgesetz).
Die Straftatbestände, die zu unserem Erhebungszeitpunkt (November 2012 – Februar 2013) in den
vier Justizvollzugsanstalten gefunden wurden, waren Sachbeschädigung, Widerstand gegen Vollstre-
ckungsbeamte und Körperverletzung. Die Straftaten wurden jedoch nicht im Rahmen von gesell-
schaftlichem Engagement und Protesthandeln begangen, sondern standen im Zusammenhang mit
anderen Delikten wie bspw. Diebstahl und der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ereignete
sich im Moment der Festnahme. Insgesamt nannten uns zwei der vier Justizvollzugsanstalten zwar 27
Gefangene, jedoch stand hinter keiner der begangenen Straftaten eine politische Motivation. Auch
Telefongespräche mit dem jeweilig zuständigen psychologischen Dienst oder pädagogischen Fach-
kräften, die Strafgefangene in ihrem Alltag begleiten, brachte keine neuen Erkenntnisse bezüglich der
Suche nach unserer Zielgruppe im Zusammenhang mit Straffälligkeit. Vereinzelt gab es Gefangene,
die sich im rechten Spektrum bewegten, jedoch konnte im Zeitraum von November 2012 bis Februar
2013 keiner ausfindig gemacht werden, der dem linken Spektrum zugeordnet werden konnte. Im
Zusammenhang mit der Straftat „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ wurden folgende Strafta-
ten bei Strafgefangenen ausgemacht:
(Gefährliche) Körperverletzung, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch, Beleidigung, Notrufmiss-
brauch, Diebstahl, Bedrohung, Nötigung, Hehlerei, Unterschlagung, Erwerb von Schusswaffen, Ver-
breitung von Propagandamaterial verfassungswidriger Organisationen, Verwenden von Kennzeichen
verfassungswidriger Organisationen, Handel mit Betäubungsmitteln (BtM), Besitz von BtM, Trunken-
heit im Verkehr, unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, Führen einer Schusswaffe, Fahren ohne Fahr-
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