Einsichten und Perspektiven 1|15 - page 54

Tunesien: Insolvenzverwalter des „Arabischen Frühlings“
Die Große Moschee in Kairouan gehört zum Weltkulturerbe. Das Areal um eines der bekanntesten Gotteshäuser Tunesiens umfasst
mehrere tausend Quadratmeter.
Foto: Kristina Milz
31 Moaddel (wie Anm. 3), S. 74.
32 Ebd., S. 76.
33 Ebd., S. 81 f.
34 Ebd., S. 22.
35 Ebd., S. 6.
36 Ebd., S. 83 f.
37 Weitere 17 Prozent nur selten, vgl. Moaddel (wie Anm. 3), S. 86.
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der tunesischen Bevölkerung in erster Linie als Muslime,
gefolgt von einem Drittel, das seine Nationalität als aus-
schlaggebend bezeichnet.
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Eine Abwesenheit oder gar
„Überwindung“ des Nationalismus ist damit freilich nicht
bezeichnet: Drei Viertel der Befragten sind der eigenen Aus-
sage nach „sehr stolz“ darauf, Tunesier/in zu sein.
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Das wi-
derspricht der in islamistischen Kreisen beliebten Vorstel-
lung einer „
Umma
“ („Gemeinschaft aller Muslime“), die in
diesem Milieu oftmals im Sinne einer panislamischen, auch
hinsichtlich der Staatlichkeit gemeinsamen Identität gefor-
dert wird.
Allerdings haben die grundsätzlich säkularen An-
sichten der Tunesierinnen und Tunesier Grenzen, insbeson-
dere bezüglich der Toleranz gegenüber anderen Religionen:
Ein Drittel der Bevölkerung ist der Ansicht, dass tunesische
Kinder nichts über andere Religionen lernen sollten; 18 Pro-
zent finden sogar, dass Nicht-Muslimen ihre Religionsaus-
übung verboten werden sollte.
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Gegen gleiche Rechte für
alle Religionsgruppen spricht sich knapp jeder Vierte aus.
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Diese Ergebnisse machen auch die Grenzen der Meinungs-
freiheit plausibel, die ein Großteil der tunesischen Bevölke-
rung zieht: Grundsätzlich spricht sich die überwiegende
Mehrheit für den Schutz dieses Grundrechts aus, selbst
wenn es den eigenen Überzeugungen oder der Politik der
Regierung widerspricht. Nicht mehrheitsfähig ist dagegen
der Schutz von Meinungen, die der Religion widerspre-
chen.
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Zwei Drittel der Befragten sind der Meinung, dass
eine Kritik des Islam nicht toleriert werden sollte, aber: nur
rund 30 Prozent finden, dass religiöse Führer nicht kritisiert
werden dürfen.
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Hier offenbart sich eine Kluft zwischen
dem Glauben an sich und der Autorität der Religionsge-
lehrten, die mit einer weiteren Zahl korrespondiert: Knapp
die Hälfte der Befragten gibt an, nie eine Moschee zu besu-
chen.
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