Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel - page 72

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Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel
angezogen, was ich wollte, und war befreundet, mit wem ich wollte. Und ich habe auch zurück-
geschlagen.“ (m)
Nur ein Teil der Befragten verurteilt Polizei als Ganzes, andere nur einzelne Gruppierungen. Das fol-
gende Zitat zeigt neben der entstehenden Wut gleichzeitig wieder das Gefühl der Ungerechtigkeit auf
– nicht nur in der Situation selbst, in der Polizisten zu „Schlägern in Uniform“ werden, sondern dass
sie nicht einmal für ihre Handlungen bestraft werden, im Unterschied zu Demonstranten. Der Befrag-
te verweist auf ein Machtgefälle zwischen Polizei und Demonstranten und das bei Sanktionen mit
zweierlei Maß gemessen wird. Somit werden auch in diesem Kontext wieder Ungerechtigkeiten pro-
duziert und von staatlicher Seite nicht verhindert bzw. gesühnt.
„A: Mir ist klar, dass nicht jeder einzelne Bulle ein Schläger in Uniform ist, das will ich gar nicht
sagen, aber es ist schon lange bekannt, dass es bestimmte Gruppen bei der Polizei gibt, die es
super finden, Unschuldige des Prügelns wegen zu schlagen. Ich habe oft genug gesehen, wie
Polizisten beim Ausüben von Gewalt gelacht haben und es genossen haben, Menschen zu miss-
handeln. Nur wenige werden tatsächlich auch dafür bestraft und das finde ich wirklich zum
Kotzen! Das ist, was ich wirklich ätzend finde in unserer Gesellschaft.“ (m)
Ein befragter Jugendlicher fühlt sich aufgrund seines Aussehens stigmatisiert, da er deswegen einer
Personenüberprüfung unterzogen wurde. Er erlebte keine respektvolle Behandlung durch die Polizei.
„A: Na zum Beispiel, dass man auf Grund seines Aussehens, was in eine bestimmte Gruppe ein-
geordnet wird, anders behandelt wird. Also wenn man schwarz angezogen ist und einem Be-
amten gegenüber tritt, wird man eher abwertend behandelt, egal, um was es geht, als „Nor-
mal“-Bürger hat man es da wohl einfacher. Ich bin schon mal einkassiert worden auf dem Weg
zur Arbeit, weil ich natürlich wie immer schwarz getragen habe, und da war irgendeine Demo
in der Nähe, wo ich vorbei musste, ich wusste davon gar nichts, war keine autonome Demo,
aber mich haben sie angehalten, kontrolliert, Personenüberprüfung und so weiter das volle
Programm, hat fast ‘ne Stunde gedauert, dann durfte ich gehen, keine Entschuldigung, keine
Erklärung, nichts, einfach: Hau ab. Wenn ich das jetzt nur als Job gemacht hätte wie früher als
Kellner, wär‘ ich wahrscheinlich sogar meinen Job losgeworden.“ (m)
Andere befragte Jugendliche differenzieren zwischen „guten“ und „schlechten“ Polizisten. Diese ha-
ben bspw. Polizisten in ihrem Bekanntenkreis bzw. außerhalb ihrer Berufsrolle erlebt.
„A: Und, man will es kaum glauben, aber es gibt tatsächlich Bullen, die glauben, die tun eine
gute Sache. Manchmal helfen sie auch. Global gesehen mag ich sie natürlich nicht. Aber ich
kenne mittlerweile einige, die sind in Ordnung. (…) Kaum zu glauben, aber einer aus unserem
politischen Umfeld ist beruflich bei der Polizei. Und der Bruder meiner Freundin auch. Das Prob-
lem ist, dass man diese Menschen nur aus einer einzigen Perspektive kennt. Es gibt die Leute,
die nur die guten Bullen kennen, und es gibt die Leute, die nur die schlechten Bullen kennen.
Aber dazwischen gibt es auch eine graue Zone, wo sich einige auch befinden. Aber das ist kein
Beruf, den ich verteidigen würde.“ (m)
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