Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel - page 81

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Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel
„I: Was sagen deine Freunde dazu, dass du dich engagierst?
A: Ja, es ist halt total unterschiedlich. Also wenn wir da alle aus diesem Kreis kommen, da ent-
stehen natürlich auch Freundschaften, die sind halt dann alle in einer Sache aktiv, und die ver-
stehen das, und man macht das zusammen, und das schweißt auch zusammen. (…) Aber
manchmal Freundschaften, die nicht in so einer Jugendgruppe sind, die nicht selber aktiv sind,
da ist es manchmal eher Unverständnis, weil man so viel Zeit da hineinsteckt und nicht in
Freundschaften wie Weggehen oder so was.“ (w)
Bei Eltern ist es ähnlich geteilt. Einige Eltern unterstützen das Engagement, äußern jedoch auch ihre
Bedenken und Sorgen in Bezug auf Gruppenzugehörigkeiten der Betreffenden bzw. stellen Regeln
oder zeigen Grenzen des Engagements auf.
„A: Dass man was gegen Nazis macht, finden die meisten gut.
I: Und deine Eltern?
A: Die finden es
,
glaube ich
,
auch gut, dass ich mich engagiere, aber nicht unbedingt bei den
Autonomen. Die mögen die nicht so. Und sie sagen immer so: Übertreib’s mal nicht. Und keine
Gewalt. (m)
Eine andere Jugendliche beschreibt die Reaktionen aus ihrem sozialen Umfeld ähnlich: Einerseits
wird das Engagement unterstützt, andererseits werden aber auch Bedenken geäußert und man
macht sich Sorgen.
„A: Meine Mutter, die findet es gut, und mein Vater eigentlich auch. Also, die sind, sagen wir,
ein bisschen ängstlich oder so, wenn ich jetzt auf irgendeine Demo, also auf irgend so eine
Großdemo geh’ oder so, weil da sind meine Eltern da echt noch ein bisschen kritisch. Aber ei-
gentlich finden sie’s gut, dass ich was mach’. Und, na ja, Oma und mein Opa, die sind dann eher
skeptisch. Denen darf ich das auch immer gar nicht so richtig sagen, weil – ja.
I: Inwiefern sind die skeptisch?
A: Ja, wenn sie halt hören, dass ich so zu Links oder so, dann denken sie halt immer gleich an
Kommunismus und ach Gottogott. Und zum Beispiel auch mit der Antifa, dann denken sie im-
mer, ich bin irgendwo im schwarzen Block und schmeiß’ mit Steinen oder so. Und das ist halt ir-
gendwie – ja, da machen sie sich halt immer Sorgen.“ (w)
Wahrnehmungen in und von der Öffentlichkeit sind divers.
Auf der einen Seite wird laut der Befrag-
ten ihr Engagement anerkannt und geschätzt, andererseits wird Engagement kritisiert und Mittel des
Engagements wie bspw. Gewalt in den Vordergrund gestellt ohne zu differenzieren. Andere Jugendli-
che konstatieren, dass man erst wahrgenommen werde, wenn man die legalen Grenzen des Mitte-
leinsatzes überschreitet. Erst dann sei das Interesse in der Öffentlichkeit da.
Engagement und Protest wird von Menschen wahrgenommen, die sich selbst engagieren und die
Haltung der Engagierten teilen bzw. nachvollziehen können.
„I: So, wofür du dich so engagierst, hast du das Gefühl, dass das öffentlich auch wahrgenom-
men wird?
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