Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel - page 78

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Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel
Mitbestimmungsrechte für die Bürger, es geht um die Bewahrung von Freiräumen bis hin zur Ab-
schaffung staatlicher Organe und der Forderung nach Selbstverwaltung. Dabei hat ganzheitliches
Engagement eine besondere Bedeutung.
„A: Es gibt kein richtiges Leben im falschen. Auch die Veränderung oder schon der Versuch der
Veränderung deines eigenen Lebens, deiner Nachbarschaft, deiner eigenen Verhaltensweisen,
ist politisch und ein Schritt zur Veränderung der Gesamtgesellschaft“ (m)
Im folgenden Interviewausschnitt erzählt eine Befragte von ihren Wünschen und Vorstellungen be-
züglich des Zusammenlebens der Menschen und des Miteinanders und reflektiert die Grenzen der
Umsetzung.
„A: Ich will keinen Staat! Ich will, dass die Menschen die „Regierung“ selbst in die Hand neh-
men. Dass alle mitentscheiden. Und auch mitmachen. Aber natürlich ist mir bewusst, dass das
nur auf regionaler Ebene funktionieren kann. Da ist weitgehende Selbstverwaltung möglich.
Auch nicht in Großstädten. Aber Kommunen mit bis zu 10.-, 12.000 Menschen können sich voll-
kommen autark ernähren und verwalten. Die brauchen für ihren Alltag keine Politik. Darüber
sollte der Staat nur noch bestimmte, notwendige Dinge regeln und verwalten. Polizei, For-
schung, Bildung, Gesundheit. Also man kann nicht bestimmte teure Kliniken zum Beispiel oder
die Forschung dazu einer Kommune überlassen. Denn anarchistische Kommunen sind nicht
reich. Sie leben auf qualitativ sehr hohem Niveau, besser als die meisten Menschen heute. Aber
sie sind nicht reich, weil das für sie keine Bedeutung hat und weil aller Reichtum in die Bedürf-
nisse der Menschen fließt. Dass es in der Kommune keine armen Menschen gibt usw. Dass
Kranke, Alte und so optimal versorgt werden.“ (w)
Die Frage nach Gerechtigkeit und die Forderung der Übernahme von Verantwortung für sich selbst
und andere beschäftigt die Befragten (siehe Kapitel 5.1.2.1). Man engagiert sich selbst und hat diese
Erwartung aber auch an andere.
„I: Und wenn du dir für dich und für das Zusammenleben der Menschen was wünschen dürftest
oder wenn du das gestalten könntest: Was würdest du dir wünschen für die Zukunft?
A: Na ja, dass alle Menschen, ja, einen Sinn dafür entwickeln würden, was falsch läuft, und
dann auch aktiv halt für sich selber, jetzt nicht sich gegenseitig da anbrüllen, sondern für sich
dann danach leben würden, um zu verstehen, dass es so nicht gerecht ist, wie es läuft.“ (w)
Neben der Bewahrung von Freiräumen geht es anderen Befragten auch um die Idee einer Verände-
rung der Gesellschaft als Ganzes. In diesem Kontext spielen alternative Formen in der Gestaltung des
Zusammenlebens eine Rolle. Dabei werden auch die Grenzen und Hindernisse reflektiert, die u.a. in
den Menschen selbst und ihrem Egoismus begründet liegen könnten.
„A: Also ich persönlich find’ ja zum Beispiel so, ja, so einen liberalen Kommunismus, also so eine
Mischung aus Anarchie und Kommunismus, zum Beispiel. Aber das geht ja mit den Leuten
nicht. Ich denk’, wenn jetzt jeder wirklich mal so weit wäre, nicht immer nur an sich zu denken,
dann würde es eigentlich funktionieren, weil, denk’ ich mal. Also, das ist ja auch – es gäb’ halt
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