Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel - page 90

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Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel
„ A: Ich find’s immer ganz gut oder ganz witzig auch manchmal – also zum Beispiel, wenn ich
jetzt auf die NPD komme –, die mit ihren eigenen Waffen irgendwie zu schlagen, sag’ ich jetzt
mal. Also irgendwelche dummen Sprüche nur umwandeln eben und die dann aufschreiben auf
Plakate, auf Bände, ja, auf so Leinwände manchmal halt auch, so Banner, genau. Ja, so was
find’ ich gut, und dann oft – also ich find’s eigentlich auch immer gut, wenn’s laut ist, wenn
man auf sich aufmerksam macht.
I: Wie macht ihr das?
A: Ja, mit Megafon ist eigentlich immer jemand dabei. Oder eben bei Sachen wie Atomkraft,
gegen Atomkraft oder so, dann eben mit Pfeifen und Trommeln, was es alles gibt, das ist auch
oft total gut organisiert mit irgendwelchen Sambagruppen, die dann irgendwie auch gute
Stimmung einfach machen. So was find’ ich eigentlich gut, find’ ich wichtig, ja.“ (w)
Ein Teil der Jugendlichen zieht bspw. Sitzblockaden in Erwägung, sieht aber dort die Grenze, wenn es
zu einer Eigengefährdung kommt.
„I: Wie weit würdest du da gehen? Es gibt ja so Geschichten, wo sich Menschen an Schienen
ketten zum Beispiel.
A: Ja, also das find’ ich jetzt schon ein bisschen zu extrem. Aber zum Beispiel Sitzblockaden oder
so was find’ ich eigentlich auch nicht so schlecht. Aber so Hungerstreiks … Na ja, manchmal
bringen die schon was, aber ich frag’ mich halt dann auch immer selber, was – also ich tu’ mir
ja eigentlich dann selber mit weh oder ich gefährde mich selber. Und das find’ ich dann eigent-
lich wieder nicht so gut.“ (w)
Eine weitere Grenze wird zwischen legalen und illegalen Mitteln gezogen – da, wo die Legalität über-
schritten wird, sind die Grenzen des Engagements und Protests erreicht.
„A: (…) also so Ausschreitungen. Also man kann schon so ein bisschen aufmüpfig sein, aber es
einfach nicht übertreiben und dann – dass es zum Beispiel dazu führt, dass jemand verhaftet
wird oder so. Das hab’ ich auch schon erlebt, also – ja, das ist einfach, das bringt ihm selber
nichts und den anderen jetzt meistens auch nicht wirklich was. Aber sonst fällt mir jetzt eigent-
lich nichts ein.“ (w)
Unterschieden wird zwischen den eigenen Grenzen und den Grenzen der Anderen.
Bei den Befrag-
ten bestehen auch Unterschiede, ob bestimmte Mittel des Engagements und Protests prinzipiell ak-
zeptiert werden, oder ob man selbst zu diesem Mittel greifen würde. Dies betrifft vor allen Dingen
Gewalt als Mittel des Engagements und Protests. Für Andere und deren Militanz wird bspw. Ver-
ständnis aufgebracht, auch wenn man selbst friedlich agiert.
„A: Ja. Also ich find’ – als Bestes befürworte ich erst mal den friedlichen Protest, weil, ich kann
auch, ohne dass ich irgendwie jemanden zusammenschlage, irgendwelche Autos anzünde oder
Mülltonnen, erst mal zeigen, was ich eigentlich sagen will. Aber ich versteh’ schon, dass das ir-
gendwann dann mal in Gewalt ausartet, grad in Frankreich mit der Arbeitslosigkeit, dass man
dann, wenn sich nichts verändert hat und das immer noch so bleibt und man sich eigentlich
überhaupt nicht wahrgenommen fühlt, dass man dann irgendwann sagt, ja, vielleicht wenn ich
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