Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel - page 100

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Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel
wollte wahrscheinlich noch mal draufhauen. Da bin ich echt ausgerastet und voll in den rein,
wie beim Sport, und der ist dann hingeknallt. Und ich auch so, über ihn weggerollt. War aber
sonst nix weiter und wir sind dann beide sofort weg.“ (m)
Eine weitere Jugendliche berichtet ebenfalls von Gewalt, die in der Situation entsteht:
„A: Wenn wir auf eine Demo fahren, dann hören wir meistens auch so Musik, keine Ahnung,
keine Angst vor Krawalltouristen oder so. Aber das machen wir dann halt nicht, also das ist nur
zum Spaß so. Aber eigentlich sind wir da schon alle einer Meinung. Also es gibt halt welche, die
sind der Meinung, wenn sie jetzt nachts auf der Straße einem Nazi begegnen, dem kann man
ruhig eine reinhauen. Andere sagen, nein, lieber nicht. Aber an sich jetzt so, auf Demos oder so,
sind alle da schon eigentlich einer Meinung. Außer jetzt Barrikaden anzünden oder so, das ha-
ben schon welche von uns gemacht. Aber sonst … So richtig jetzt Menschen verletzen, nicht.
I: Aber wird das zur Diskussion gestellt in irgendeiner Form? Das machen wir oder machen wir
das?
A: Nein. Das kommt so aus der Situation. Einfach, wir denken nicht vorher, was machen wir,
was ist das Richtige? Sondern es kommt einfach so.“ (w)
5.
Gewalt entsteht in der Konfrontation mit anderen Gruppierungen und zur Verteidigung des
eigenen Territoriums.
Dabei handelt es sich auch um eine Form von situativer Gewalt. Gewalt kann auch in der Konfronta-
tion mit anderen Gruppierungen und zur Verteidigung des eigenen Territoriums entstehen. Zum ei-
nen bspw. in Konfrontation mit „Nazis“. In diesem Kontext spielt auch territoriale Gewalt eine Rolle.
Man will sein Revier, seinen Stadtteil verteidigen und „Nazis aus der Stadt/ dem Stadtteil verjagen“.
Die zentrale Frage in diesem Kontext lautet: Wem gehört dieses Gebiet? Greift dann die Polizei ein,
agiert auf Demonstrationen als „Beschützer der rechten Szene“ und stellt sich den Gegendemonst-
ranten in den Weg, kann Gewalt ebenfalls in Konfrontation mit der Polizei entstehen.
„I: Vielleicht hat das auch was mit der Gruppensituation dann zu tun?
A: Dass alle gegen die dann sind, ja. Und dann sind die einfach Feinde. Also wenn ich zu so einer
Demo gehe – zumal man natürlich auch die Polizisten ja auch oftmals in schwierigen Situatio-
nen stecken, die dann eine so eine rechte Demonstration da absichern müssen; und dann kom-
men dann die Linksautonomen. Und wenn da plötzlich die zurückgedrängt werden, und die
wollten ja eigentlich nur die Rechten nicht durchlassen, dann wirken die wie Feinde, die Polizis-
ten. Das ist dann für die Jugendlichen so: Die unterstützen die praktisch noch, dass sie de-
monstrieren können! Und da ist es völlig egal, wer da steht, dann sind die einfach Feinde für
sie.“ (Pädagogische Fachkraft)
6.
Wenn Hemmschwellen sinken – Zwei Beispiele
Als typisches Beispiel für das Sinken von Hemmschwellen gilt der Genuss von Alkohol. Er kann die
Bereitschaft für Gewalthandlungen senken und auch die Art der Gewaltausübung. In den Gesprächen
mit Fachkräften wurde die linke Szene mit erhöhtem Alkoholkonsum in Verbindung gebracht.
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