Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel - page 62

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Gesellschaftliches bzw. politisches Engagement, Jugendprotest und die Wahl der Mittel
„A: Sie geben mir Halt in dem, was ich denke und tue und bereichern mich in meinem Gedan-
kengut und sagen mir die Wahrheit und sind da für mich, wenn ich sie brauche. Und anders-
rum!“ (w)
Man sucht sich Freunde, die ähnliche bis gleiche Interessen haben. Man trifft sich, geht gemeinsam
feiern, hört und spielt gemeinsam Musik oder treibt Sport etc.
Bezüglich der Entwicklung politischen Interesses bzw. dem Interesse an gesellschaftlichen Themen
gibt es unterschiedliche Erfahrungen bei den Befragten. Man hat bspw. einen guten Freund, der ei-
nem das Interesse an politischen bzw. gesellschaftlichen Themen näher bringt, oder besucht bspw.
ein Jugendzentrum, in dem es politisch interessierte und engagierte junge Leute gibt und freundet
sich mit ihnen an.
Im folgenden Fall findet ein Jugendlicher in einem Jugendzentrum junge Leute, mit denen er sich gut
versteht und die seinem Bedürfnis nach Besonderheit, nach „anders sein zu wollen“, entsprechen.
Aus dieser Suche nach Zugehörigkeit entwickelt sich dann später auch sein Interesse an Politik.
„I: Woher kam denn dein Interesse an Politik?
A: Weiß nicht. Die Leute im Jugendzentrum waren einfach cool.
I: Du meinst, du bist oder warst gar nicht an Politik interessiert, sondern an den Leuten?
A: Jetzt bin ich schon sehr an Politik interessiert! Aber damals? Weiß ich echt nicht. Ich glaube,
ich wollte schon immer anders sein als die anderen, also die meisten in meiner Klasse und so.“
(m)
Schule.
Obwohl die Schule der Ort ist, an dem die Befragten einen Großteil ihres Alltags verbringen
bzw. verbracht haben, nimmt sie einen nachrangigen Stellenwert bezüglich der Entwicklung politi-
schen Interesses bei den Befragten ein. Vielmehr wird beklagt, dass die Schule wenig Raum für Dis-
kussionen über gesellschaftliche und politische Themen biete, Lehrer dürften keine eigene Position
beziehen und das Interesse sei bei Mitschülern insgesamt sehr wenig ausgeprägt bzw. werde durch
den Unterricht auch nicht geweckt. Auch sei der Leistungsdruck in der Schule sehr hoch, so dass da-
für wenig Zeit bleibe. Der Umgang wird als wenig demokratisch erlebt, trotz Positionen wie Schul-
sprecher etc. seien die Mitbestimmungsrechte eingeschränkt.
Etwas mehr Raum für die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und politischen Themen bieten
sozialwissenschaftliche Gymnasien. Dort ist Sozialkunde Hauptfach. Politisches Bewusstsein und ge-
sellschaftliches Engagement wird den Befragten zufolge auch in Schulen mit dem Label „Schule ohne
Rassismus – Schule mit Courage“ gefördert. Dies findet außerhalb des Unterrichts statt und wird von
Schülern und Lehrern gemeinsam gestaltet.
„I: Und diese Schule ohne Rassismus: Da gibt’s eine Gruppe hier an der Schule?
A: Ja, genau. Das ist eine Gruppe, das ist deutschlandweit ein Verband, der eben an Schulen, an
Berufsschulen, an allen möglichen Schulen kann man Mitglied werden in diesem „Schule ohne
Rassismus“, „Schule mit Courage“ eben. Und wir haben da mitgemacht. Es müssen über achtzig
Prozent für dieses Projekt sein und eben gegen Rassismus, und das haben wir hier locker ge-
schafft. Und dann haben wir diesen Titel eben bekommen, seit vier Jahren haben wir den. Und,
ja, wir sind jetzt eine etwas kleinere Gruppe, die das dann leitet und ein paar Veranstaltungen
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