Schule & Wir - page 14

Fotos: Foto-Bernhard, Wikipedia
Bayerns Kultusstaatssekretär
Georg Eisenreich erläutert:
„Dialekt als Lerninhalt ist
daher in den Lehrplänen aller
Schularten fest verankert.“
In den Jahrgangsstufen, in
denen Dialekt verpflichtend
im Lehrplan steht, bekommen
Deutschbücher nur dann eine
Zulassung, wenn sie das The-
ma angemessen berücksichti-
gen. „Allerdings immer neben
der Standardsprache. Denn
vorrangiges Ziel ist der sichere
Ausdruck in der Hochsprache.
Die Schüler sollen die besten
Startbedingungen bekom-
men“, erklärt Eisenreich, der
als gebürtiger Münchner den
Dialekt sehr schätzt. Denn ein beruflicher
Erfolg ist vor allem mit einer universellen
Sprache gesichert, die überall in Deutschland
verstanden wird.
Dass dies das Ziel der Schule sein muss, sieht
Hochholzer als selbstverständlich an. „Nur ist die
Frage: Wie erreichen die Lehrkräfte das am bes-
ten?“ Die Perfektionierung einer Sprache ist ein
Prozess, der nicht von heute auf morgen passiert.
Bis zum Ende der Grundschulzeit soll daher der
Stand erreicht sein, der ein problemloses Weiter-
kommen in den folgenden Schularten ermöglicht.
„Dies funktioniert, indem die Lehrkraft immer
und immer wieder auf die Unterschiede hinweist,
z.B. beim Verbessern eines Aufsatzes“, so Hoch-
holzer. Wichtig findet er dabei, dass die Korrek-
turen nicht zu rigoros sind. „Lehrkräfte sollten
die dialektale Form nicht kategorisch ablehnen.
So erfährt der Dialekt eine Abwertung. In einer
anderen Situation, mit einem
anderen Gesprächspartner kann
er aber sinnvoll sein.“
Von „innerer Mehrsprachig-
keit“ sprechen die Sprachfor-
scher, wenn Kinder Dialekt und
Standardsprache gleichzeitig
Mehr Informationen:
beherrschen. Und Eltern sollten wissen: Diese
innere Mehrsprachigkeit hat positive Auswirkun-
gen über die pädagogischen Ziele hinaus. „Je mehr
Sprachformen man beherrscht, desto besser ist
die Sprachfähigkeit insgesamt“, weiß Professor
Anthony Rowley, Dialektforscher an der Baye-
rischen Akademie der Wissenschaften. Ein Kind
lernt so zwischen verschiedenen Sprachebenen zu
unterscheiden: Hochdeutsch ist angemessen im
Unterricht, Dialekt ist die Sprache der Familie und
unter Freunden. Das Umschalten zwischen den
Sprachformen erfordert analytische Kompetenz –
und die hilft der Denkfähigkeit allgemein. Eltern
können unterstützen, indem sie ganz natürlich mit
den Kindern sprechen. In der Familie künstlich
auf eine Hochsprache umzustellen, wie sie z.B. das
Fernsehen vorführt, bringt nach Expertenmei-
nung nichts. „Besser ist ein achtsamer Umgang
mit Sprache. Eltern sollen ruhig auf Unterschie-
de hinweisen, z.B. dass sie selbst aus
Rücksicht auf den Onkel aus Hamburg
nicht Ortsdialekt mit ihm sprechen“, so
Hochholzer.
Über den Unterricht hinaus gibt es
zahlreiche vom Kultusministerium un-
terstützte Projekte, die sich der Pflege
des Dialekts verschrieben haben.
Das Umschalten zwischen
Dialekt und Hochdeutsch erfordert
analytische Kompetenz
und hilft der Denkfähigkeit
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Schule & Wir
4 | 2013
Dialekt
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