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Kinder mit besonderen Schwierigkeiten beim Rechnenlernen

5. Wie erstellen Lehrkräfte passgenaue Lernangebote für den Mathematikunterricht?

Hierzu werden geeignete Lernmaterialien benötigt, die beim Aufbau strukturierter Vorstellungsbilder helfen. Diese haben

aus der Sicht des Kindes jedoch nicht von vornherein eine eindeutig bestimmte, mathematische Struktur. „Die mathemati-

sche Struktur muss durch einen geistigen Akt in die konkrete Situation hineingelesen werden.“ (Lorenz 1995, S. 21) Gute

Arbeitsmittel und Veranschaulichungen verkörpern mathematische Grundideen, aus denen über die Handlung „prototy-

pische Vorstellungsbilder gebildet werden können. Weitergehen und Zurückgehen, Hinzufügen und Wegnehmen, Auf-

decken und Abdecken werden verinnerlicht zum Addieren und Subtrahieren. So helfen die Materialien sowohl beim Schritt

vom konkreten zum mentalen Operieren und dann weiter zum formalen Rechnen als auch auf dem Weg in umgekehrter

Richtung.“ (Floer 1995, S. 21)

Ebenen mathematischen Verständnisses

Bekanntlich können mathematische Sachverhalte in unterschiedlichen Darstellungsformen repräsentiert werden:

durch

Handlung

(mit Alltagsmaterialien oder didaktischem Material)

durch

bildliche Situationen

(Darstellung von lebensweltlichen Situationen oder (Eigen-)Ikonisierungen didaktischen

Materials)

durch

symbolische Darstellungen

in der Umgangssprache (Rechengeschichten) oder der formalen Sprache (Zahlen-

sätze, z. B.:

3 + 5 = 8

)

abstraktes

mathematisches Verständnis

an Anschauung gebundenes

mathematisches Verständnis

an Handeln und Erfahrung gebundenes

mathematisches Verständnis

Alle Darstellungsformen beziehen sich wechselseitig aufeinander und sind, je nach vorhandenen Kompetenzen des Kindes,

zu verschiedenen Zeitpunkten im Lernprozess geeignete Repräsentationsmöglichkeiten mathematischer Sachverhalte. Das

methodisch-didaktische Vorgehen im Unterricht muss eine systematische Vernetzung der Darstellungsformen im ständigen

Wechsel initiieren.

Dieser Prozess verläuft individuell und gelingt bei vielen Kindern ohne besondere Unterstützung. Leistungsschwächere

Kinder können zwar am Material Handlungen konkret durchführen, scheitern jedoch oft daran, dass sie ihre Handlungen

nicht beschreiben oder gar aus der Vorstellung heraus durchführen können. Die Verknüpfung der unterschiedlichen Dar-

stellungsebenen (intermodaler Transfer) gelingt ihnen somit nicht.

Vier-Phasen-Modell: Vom konkreten zum gedanklichen Handeln

Zum Aufbau mentaler Vorstellungen auf der Grundlage konkreter Handlungen hat sich das Vorgehen nach dem Vier-Pha-

sen-Modell (vgl. Schipper/Wartha/Schroeders 2011) bewährt. Es zeigt auf, wie konkretes Handeln am Material in mentales

Handeln aus der Vorstellung heraus überführt werden kann.

Für alle Phasen gilt: Zentral ist das Versprachlichen der Handlung und der mathematischen Symbole. Ebenso muss dem

Kind der Umgang mit dem verwendeten Material geläufig sein. Im nachfolgend beschriebenen Beispiel wird gezeigt, wie

Grundvorstellungen zu Rechenstrategien für das zehnerüberschreitende Rechnen im Zahlenraum bis 100 aufgebaut wer-

den können. Das Konzept lässt sich auf weitere Grundvorstellungen übertragen.

Phase 1: Handeln am geeigneten Material

 Die mathematische Bedeutung der Handlung wird beschrieben.

Aufgabe: 23 + 8 =

 1. Schritt: 23 zügig (Z/E) am Rechenrahmen einstellen

 2. Schritt: 7 E dazu schieben (Zwischenergebnis 30)

 3. Schritt: 1 E dazu schieben (Ergebnis 31)