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Kinder mit besonderen Schwierigkeiten beim Rechnenlernen
4. Wie erheben Lehrkräfte den Lernstand und legen Schwerpunkte der pädagogischen Förderung fest?
46 – 28 = 22
46 – 28
(
4
Zehner –
2
Zehner =
2
Zehner und
8
Einer –
6
Einer =
2
Einer)
oder:
46 – 20 – 6 + 2 = 22
(da
8 = 6 + 2
)
Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, Schülerdokumente und
Erklärungen des Kindes zu kombinieren.
•
fehlende Grundvorstellungen zu Rechenoperationen
15 ∙ 7 = 75
8 : 2 = 44
10 ∙ 7 = 70
70 + 5 = 75
Erläuterung: keine Operationsvorstellung zur Division; es wird
zerlegt, nicht dividiert, also
8
zerlegt in
4
und
4
50 : 10 = 32
16 : 4 = 33
72 : 9 = 52
50 : 5
wird zerlegt in
3
und
2
16
und
72
: es wird jeweils nur eine Stelle ausgewählt und zer-
legt,
6
in
3
und
3, 7
in
5
und
2
4.2 Aufgabenstellungen und Beobachtungshinweise zu den grundlegenden Inhaltsbe-
reichen
Fällt ein Kind im Mathematikunterricht auf, so wird nach ersten Beobachtungen eine gezielte pädagogische Diagnose
durchgeführt. Ziel ist es, den individuellen Stand mathematischer Kompetenzen zu erfassen, die Denkprozesse des Kindes
kennenzulernen und etwaige Fehlvorstellungen zu erkennen. Dabei gehen pädagogische Diagnose und Förderung immer
Hand in Hand und lassen sich nicht klar voneinander trennen. So sehen auch Kaufmann/Wessolowski (2006) den Diag-
noseprozess mit einem einmaligen Test nicht als abgeschlossen an: „Vielmehr ist der Prozess der Diagnose nicht von der
Förderung zu trennen. Einerseits treten auch durch die Förderung weitere Probleme zu Tage und andererseits ist das Denken
und Vorgehen der Kinder häufig nicht so stabil, dass sie heute immer genauso rechnen wie morgen. Außerdem soll mit der
Diagnostik der Lernweg der Kinder begleitet werden, um im Sinne einer Prozessdiagnose den jeweils aktuellen Förderbedarf
zu ermitteln.“ (ebd. S. 26)
In diesem Zusammenhang sind die nachfolgenden Aufgabenstellungen als Werkzeuge zu sehen, die einen momentanen
Entwicklungsstand des Kindes wiedergeben können. Gleichzeitig bieten die in Kapitel 5 (S. 29) vorgestellten Förderauf-
gaben vielfältige Möglichkeiten, auch differenzierte Informationen über das mathematische Denken und Vorgehen von
Kindern zu bekommen.
Während des Gesprächs mit der Schülerin bzw. dem Schüler ist es wichtig, Denk- und Rechenwege des beobachteten
Kindes zu notieren, behutsam nachzufragen und Impulse zu geben, sodass das Kind seine mathematischen Gedanken
versprachlichen oder verschriftlichen kann. Dabei kommt der wohlüberlegten Nachfrage eine große Bedeutung zu, damit
das Kind nicht schon durch die Fragestellung an sich zu zweifeln beginnt.
?
Zunächst wird geprüft, ob Marie einen kardinalen Zahlbegriff hat. Dazu soll sie zunächst verschiede-
ne Anzahlen mit den Fingern zeigen. Hier zeigt sich, dass sie auf einen Blick z. B. 8 zeigen kann als
5 + 3, sie muss die 8 also nicht zählen.
Nun wird Marie gebeten, mit den Fingern zu zeigen, wie viel 8 – 5 ist. Als Lösung klappt Marie nach-
einander den 8., 7., 6., 5. und 4. Finger wieder ein und verkündet stolz: „3“.
Marie hat damit die Aufgabe nicht nur zählend gelöst, sondern sie hat auch gezeigt, dass sie die 8
als Reihe wahrnimmt, die nur „von hinten her“ verringert werden kann.
Ziel wäre es nun, dass Marie die 8 auch als 5 + 3 wahrnimmt, was sie ja zeigt und dann die 5 als
Gesamtheit wegnehmen kann. Diese Strategie kann dann auf Aufgaben wie 12 – 5 (eine ganze Hand
muss weg, eine Hand und 2 Finger bleiben übrig) ebenso übertragen werden, wie auf Darstellungen
der Zahl 46 mit 4 Zehnerstangen und 6 Einerwürfeln, von der dann z. B. 20 (als 2 Zehnerstangen)
weggenommen werden können.
Bei dieser Tätigkeit fällt zudem auf, dass Marie nur eine unklare Vorstellung von Addition und Sub-
traktion hat. Sie versteht diese als Weiterzählen bzw. Rückwärtszählen, was sehr genau zu ihrem