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4. Wie erheben Lehrkräfte den Lernstand und legen Schwerpunkte der pädagogischen Förderung fest?

Teil II: Lernstandserhebung und -analyse, Feststellen des Unterstützungs-

bedarfs, Lernangebote

4.

Wie erheben Lehrkräfte den Lernstand und legen Schwerpunkte der

pädagogischen Förderung fest?

4.1 Beobachtungen im Unterricht

Das Feststellen der Lernvoraussetzungen über das Beobachten der Lernprozesse stellt im Unterricht der Grundschule die

umfassendste und pädagogisch wirksamste Form einer prozess- und kompetenzorientierten pädagogischen Diagnose dar

(vgl. Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München 2008) und ist damit Grundlage der individuellen

Förderung.

Entstehende bzw. vorhandene Lernschwierigkeiten können im Klassenunterricht erkannt werden. Darauf aufbauend gilt es,

Fördermaßnahmen einzuleiten und im Rahmen der inneren Differenzierung bzw. einer Kleingruppen- oder Einzelförderung

durchzuführen.

?

Die Lehrkraft beobachtet bei Marie, dass sie kleine Aufgaben oft richtig löst, ihre Ergebnisse aller-

dings manchmal um 1 vom richtigen Ergebnis abweichen. So rechnet sie z. B. 24 + 9 = 34 oder auch

12 – 5 = 8.

Bei einer genauen Beobachtung von Marie beim Rechnen fällt auf, dass sie immer ihren Kopf auf

beide Hände stützt, wenn sie eine Aufgabe löst. Dabei hat sie die Finger eingeklappt an den Wangen

liegen und bewegt diese ganz leicht, wenn sie rechnet.

Marie löst also alle Aufgaben zählend, was auch den Geschwindigkeitsunterschied bei der Lösung

von Additions- und Subtraktionsaufgaben erklärt. Vorwärts zählt Marie viel schneller. Im Zahlbereich

bis 100 verliert Marie oft den Überblick, da ihre Finger nicht ausreichen und sie nicht weiß, wie viele

sie schon gezählt hat.

Es stellen sich damit die Fragen: Über welchen Zahlbegriff verfügt Marie? Hat sie nur einen ordinalen

Zahlbegriff, der Zahlen als eine festgelegte Reihung versteht? Kann sie Zahlen auch als Anzahlen

begreifen, die sich aus Teilen zusammensetzen, hat sie also auch einen kardinalen Zahlbegriff?

4.1.1 Lernbeobachtung als Grundlage individueller Förderung

Folgende Beobachtungen können Hinweise auf besondere Schwierigkeiten im mathematischen Lernprozess geben:

Beobachtungsschwerpunkte in Jahrgangsstufe 1:

Kinder

haben Probleme beim Aufsagen der Zahlwortreihe, beim Vor- und Rückwärtszählen.

sind unsicher bei der Eins-zu-eins-Zuordnung.

haben Schwierigkeiten bei der Quasi-Simultanerfassung von Mengen über 5.

können sich die Zahlzerlegungen bis 10 nicht einprägen.

erkennen Zahlbeziehungen (Vorgänger, Nachfolger, die Hälfte, das Doppelte) nicht und wenden diese nicht an.

lösen Additions- und Subtraktionsaufgaben im Zahlenraum bis 10 weitgehend zählend.

können zu Zahlensätzen keine bzw. keine passenden Rechengeschichten erzählen oder Bildergeschichten zeichnen.

verwechseln mathematische Symbole (+, –) und erkennen keinen Zusammenhang zwischen Addition und Subtrakti-

on.

verstehen den Zahlaufbau bis 20 nicht.