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Kinder mit besonderen Schwierigkeiten beim Rechnenlernen

1. Wie lernen Kinder Rechnen und wie definieren sich Schwierigkeiten im Lernprozess?

Bis heute konnte sich die Wissenschaft nicht auf eine einheitliche Definition für Schwierigkeiten beim Rechnenlernen

einigen. Der Grund dafür dürfte wohl in den vielfältigen Erscheinungsformen und in den noch geringen repräsentativen

Längsschnittuntersuchungen zur Entstehung von Lernschwierigkeiten in Mathematik liegen.

Die meisten Definitionsversuche sind defizitorientiert, d. h. sie stellen auf abstraktem Niveau heraus, was Kinder mit Mathe-

matikschwierigkeiten nicht können. Kompetenzorientierte Definitionen dagegen setzen zunächst einmal eine intensivere

Auseinandersetzung mit der Frage voraus, wie Kinder überhaupt rechnen lernen, d. h., welche Voraussetzungen für einen

erfolgreichen Erwerb mathematischer Grundlagen beim Kind erforderlich sind und über welche mathematischen Fähig-

keiten es bereits verfügt. Auch bei Kindern mit besonderen Schwierigkeiten beim Erlernen des Rechnens laufen kognitive

Prozesse in Richtung einer Lösung der gestellten Aufgaben ab. Es werden mathematische Fähigkeiten und Fertigkeiten

aktiviert, sogenannte subjektive Lösungsstrategien, mit denen das mathematische Problem allerdings nicht bzw. nicht zu-

friedenstellend gelöst werden kann.

Bislang besteht in der Forschung allgemeiner Konsens (vgl. Aster/Lorenz 2013), dass kein für alle Betroffenen gültiges ho-

mogenes Erscheinungsbild der besonderen Rechenschwierigkeiten existiert. So lassen sich verschiedenste Listen mit mög-

lichen unspezifischen und bereichsspezifischen Erscheinungsformen des Phänomens Rechenstörungen finden. Beim Um-

gang mit solchen Zusammenstellungen sollte berücksichtigt werden, dass einzelne Phänomene auch bei Kindern auftreten

können, die bezüglich Mathematik normal begabt sind.

Solche Zusammenstellungen können jedoch keinesfalls sämtliche mögliche Auffälligkeiten erfassen und ebenso wenig eine

individuelle Förderdiagnose ersetzen. Sie sind allenfalls geeignet, um einen Anfangsverdacht zu erhärten oder um eine

gewisse Sensibilität für das Problem zu schaffen. Beispiele für diverse Erscheinungsformen sind im Teil II unter Kapitel 4.1.1

(S. 17) als Beobachtungsschwerpunkte aufgeführt.