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Das Autogramm eines leibhaftigen Dichters- welcher Schüler ließe sich diese Gelegenheit entgehen?

einem elitären kleinen Zirkel

abspielen. Hier verschanzt

sich nicht eine Handvoll lite–

rarischer Schöngeister hinter

den Mauern des Gymnasiums

zum erlesenen Kunstgenuß.

Hier nimmt die ganze Stadt

teil.

Schon Wochen vor dem

Besuch des Autors stellen die

Buchhandlungen seine Werke

in den Schaufenstern aus. Die

Stadtbibliothek schafft die Bü–

cher an . Das Programm der

Volkshochschule und Plakate

weisen auf die Veranstaltung

hin. Manchmal .reicht die

Turnhalle mit ihren 510 Plät–

zen nicht aus, dem Andrang

Herr zu werden .

Für viele junge Leute sind

diese Lesungen - und das ist

schließlich der Sinn der Sache

- gewiß kein Endpunkt, si:.m–

dern der Beginn einer viel–

leicht lebenslangen Freund–

schaft mit der Literatur. Auch

und gerade der klassischen;

denn wo erst einmal die liebe

zum Wort geweckt wurde,

dort verschwindet der Unter–

schied zwischen heute und

gestern. Wer llse Aichinger

mag, der liest auch Kafka.

Und wer sich mit den zeitge-

schichtliehen Romanen von

Hans Werner Richter beschäf–

tigt, der wird nicht weniger

gern Fontane lesen.

Was die Weilheimer Lehrer

ins leben gerufen haben, ver–

dient nicht nur die Beachtung

in der lokalen Presse.

Es

sollte

auch an anderen Schulen

Schule machen. Man braucht

sich nicht zu scheuen, an die

Autoren heranzutreten. Das

Beispiel Weilheim zeigt:

Auch "große Tiere" sind rasch

für eine Begegnung mit der Ju–

gend zu gewinnen, selbst

wenn sie sonst die Öffentlich–

keit meiden.

Alle, die bisher in Weil–

heim vor das jugendliche Pu–

blikum traten, waren über–

rascht von der Begeisterungs–

fähigkeit unserer Buben und

Mädchen . Ein aufmerksame–

res, noch stärker interessiertes

Publikum hätten sie sich nicht

vorstellen können. Wer sagt

da, unsere Jugend sei nur für

Fernsehen, Rockmusik und

seichte Illustrierte zu begei–

stern? Das Weilheimer Experi–

ment straft ihn lügen .

Inzwischen freut sich Weil–

heim schon auf den nächsten

prominenten Gast. Es ist der

aus der "DDR" stammende

Autor Reiner Kunze, der sich

im freien Westen vor allem

durch seinen hervorragenden

Film "Die wunderbaren Jah-

re" einen Namen machte. Er

wird die Reihe der Dichterle–

sungen fortsetzen, die hof–

fentlich noch lange nicht zu

Ende ist.

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Fr:onz Rin)!'c"

ll:oiri,chc C;u l1chlc

Eigensge–

druckte Text–

bändchen

führen vor je–

der Lesung

die Schüler

in Lebenund

Werkdes

Dichters ein.

Wenn er zur

Lesung

kommt, ist er

kein Fremder

mehr, son–

derneinmit

Spannung

erwarteter

guter

l:..d:!s:::::::!!::::!lDml~

Bekannter.

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