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ln Weilheim heißt es nicht: Dafür bist du noch zu klein. Jeder darf dem Dichter Fragen stellen.

Fortsetzung von SeHe 21

vor der Dichterlesung müssen

die Hefte gedruckt vorliegen,

damit die Zeit reicht, den

Gast im Unterricht gebührend

einzuführen und sein Werk,

sein Anliegen, seine stilisti–

schen Eigenarten zu bespre–

chen. Neben der Schwierig–

keit der richtigen Textauswahl

stehen die Deutschlehrer

auch vor juristischen Proble–

men. Texte eines lebenden

Autors dürfen nicht einfach

von jedermann nachgedruckt

werden. Ohne die Erlaubnis

der Verlage geht nichts. Hier

alles richtig zu machen, ko–

stet oft Zeit und Nerven.

Auch mit dem Autor muß

selbstverständlich die Text–

auswahl besprochen werden;

denn nach ihr richtet er das

Programm für die Dichterle–

sung aus. Daneben hat der

Autor auch das Recht, mitzu–

reden, welche Daten aus sei–

nem Lebenslauf im Anhang

erscheinen dürfen. Soll zum

Beispiel in der Biographie von

Hans Werner Richter ein Ab–

schnitt über die von ihm ge–

gründete und geleitete Grup–

pe 47 vorkommen? Muß seine

Abwendung vom dogmati-

22

sehen Sozialismus erwähnt

werden? Erst wenn alles das

überlegt und besprochen ist,

kann das Heft endlich in

Druck gehen.

Und wer zahlt das alles: die

Druckkosten für die "Weilhei–

mer Hefte zur Literatur", das

bescheidene Honorar für den

Gast, seine Spesen, die Plaka–

te und Einladungskarten für

Ehrengäste? Die Dichterlesun–

gen am Gymnasium Weil–

heim gehören zu den seltenen

kulturellen Veranstaltungen,

die sich selber tragen. Die

Schüler sind nämlich bereit,

drei Mark pro Kopf und Jahr

von ihrem Taschengeld zu–

gunsten der Kultur abzuzwei–

gen. Dafür erhalten sie dann

drei "Weilheimer Hefte zur

Literatur", jedes zum Preis

von einer Mark.

Die tragende Säule der

"Weilheimer Hefte.zur Litera–

tur" sind nicht zuletzt 60 ei–

serne Abonnenten - meistens

Lehrer. Sie nehmen von jeder

Ausgabe ein vom Autor si–

gniertes Luxusexemplar zum

Preis von zehn Mark ab. Da–

neben fließt noch Geld aus

dem Verkauf der Eintrittskar- .

ten in die Kasse der Veranstal-

ter. Wer nämlich nicht Schü–

ler ist, muß stolze 10 Mark

Eintritt zahlen, wenn er an der

Dichterlesung

teilnehmen

will. Das heißt, wenn er in

der überfüllten Aula noch

einen Platz ergattert.

Bemerkenswert ist nämlich,

daß sich die Weilheimer

Dichterlesungen nicht in

Wenndie

Dichter kom–

men, stellen

T~~~~

auch die

Buchhand–

lungen ihre

Dekorationen

darauf ab.

Hierzu~

-:---.:~~~

Besuch des

bairischen

Mundart–

poeten Franz

Ringseis.