Erdkunde
Dieses Schulfach zeigt, wie
der Mensch den Raum
prägt, in dem er lebt. Das
Luftbild von Pleystein/Opf.
erschließt den Schülern,
wie z. B. schutzsuchende
Ackerbürger um den Kern
der mittelalterlichen Hö–
henburg ringförmig die
Altstadt bauten. Links
oben verrät der recht–
eckige Siedlungsgrundriß
die Im 19. Jahrhundert an–
gebaute Neustadt. Die Ge-
genwart fügt Einfamilien–
hauskolonien (rechts
oben) hinzu.
Fortsetzung von Seite 13
Heimatraum, systematisch in
die Welt, von Land zu Land,
von Kontinent zu Kontinent.
Am Ende der Schulzeit war der
Globus abgehandelt, aber die
Gewichte waren ungleich ver–
teilt. Europa dominierte, die
Dritte Welt führte nur eine
Randexistenz.
Zwangsläufig standen bei
dieser "Länderkunde" auch die
Naturgegebenheiten im Vor–
dergrund: Klima, Meeresströ–
me, Oberflächengestalt, Bo–
denbeschaffenheit und Pflan–
zenwuchs beherrschten den
Raum. Der Mensch erschien
stets an letzter Stelle, sozusa–
gen unter ferner liefen. Er war
geprägt und abhängig von der
Landschaft, die sein Leben be–
stimmte.
Aber dieses Bild ist heute
überholt. Der technische Fort–
schritt hat den Menschen weit–
gehend aus der Naturabhängig–
keit befreit. Der ehemalige Un–
tertan hat heute die Oberhand
über die Erde gewonnen. Im
Wechselspiel mit der Natur ver–
schoben sich die Gewichte ge–
waltig zugunsten des Men–
schen.
Moderner
Erdkundeunter-
richt trägt diesem gewandelten
Kräfteverhältnis Rechnung, der
alten Länderkunde schlug das
letzte Stündchen. Immer stärker
dringen seither Themen in den
Geographieunterricht ein, die
zeigen, wie der Mensch auf die
Erde einwirkt, wie er mit ihr
umgeht.
Welche Motive und Absich–
ten leiten ihn? Aus welchen ge–
schichtlichen Ursachen handelt
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er? Welche aktuellen Porbleme
entstehen dadurch? Welche
Folgen ergeben sich für die Zu–
kunft? Geographie ist heute ein
Fach, das die räumlichen Ge–
staltungsversuche des Men–
schen in den Mittelpunkt stellt.
Gewiß sind dadurch die Na–
turgegebenheiten nicht neben–
sächlich geworden. Aber sie
dominieren nicht meht. Die
Eingriffe des Menschen in den
Naturhaushalt werden den
Schülern an vielen Beispielen
vorgestellt. Sie erfahren von
den Veränderungen einer Land–
schaft durch Flußbegradigung,
Seitenkanalbau und Altwasser–
austrocknung.
Lebenswichtig und
überlebenswichtig
Andere Unterrichtseinheiten
zeigen, wie Wüstenstreifen
durch künstliche Bewässerung
in Fruchtgärten verwandelt
werden. Raubbau des Men–
schen am Wald macht aus le–
bender Landschaft tote Karstflä-
chen. Auch die Folgen falscher
Bodennutzung, die Planung
von Erholungslandschaften, die
Lebensbedingungen im Hoch–
gebirge und in einer Trabanten–
stadt werden zum Thema im
Erdkundeunterricht
Die Schüler erkennen: Der
Farmer in den Vereinigten Staa–
ten wirtschaftet anders als der
Kolchosnik in der Sowjetunion,
der anatolische Hirtennomade
anders als der Schafzüchter in
Australien.
Nicht minder wichtig ist die
Einsicht, daß auch die Ge–
schichte eines Volkes den
Raum prägt. Warum ist eine
chinesische Stadt anders ange–
legt als eine orientalische Sied–
lung oder eine europäische Re–
sidenzstadt? Wie wirken sich
selbst innerhalb ein und dersel–
ben Stadt verschiedene Wachs–
tumsepochen aus? Kann man
aus dem Grundriß die wirt–
schaftliche Nutzung einzelner
Viertel ablesen?
Am Beispiel USA oder der
Sowjetunion erkennen die
Schüler, daß politische Macht
eng zusammenhängt mit Erd–
faktoren und deren Nutzung
durch den Menschen. Wie und
warum umgekehrt ein rohstoff–
armes Land zur Industriemacht
aufsteigen kann, zeigt Japan.
Auch Konflikte, die beim Zu–
sammenleben
verschiedener
Rassen entstehen, finden bei
dieser modernen Form der Erd–
kunde ebenso ihren Platz wie
die Geofaktoren, die bestimmte
Gebiete in Spannungszonen
und Krisenherde verwandeln.
Natürlich ist die Themenfülle
der Geographie damit noch
längst nicht erschöpft. Sie ist
riesig und erhält auch immer
wieder Anstöße aus den aktuel–
len Raumproblemen, die die
Schüler selbst im Alltag er–
leben.
Da soll eine Autotrasse durch
ein schutzwürdiges Moorgebiet
gelegt, ein Rangierbahnhof ne–
ben einem Wohnviertel gebaut,
eine Kläranlage oder Mülldepo–
nie mitten in einem idyllischen
Wiesental errichtet werden.