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„Alle Terroristen sind Moslems“?
Einsichten und Perspektiven 4 | 16
tisch nicht zu bannen ist. Dafür braucht es noch nicht
einmal erfolgreiche Anschläge. Die Möglichkeit einer ter-
roristischen Aktivität, der bloße Verdacht, reicht ggf. für
eine entsprechende Bedrohungswahrnehmung aus, unab-
hängig davon, ob tatsächlich ein terroristischer Hinter-
grund vorliegt oder ob es konkrete Anschlagspläne gab.
40
Schließlich kann jeder potenziell für den IS/
Daesh
in den
terroristischen Kampf ziehen.
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Warum aber ist die Angst vor Terrorismus oder genauer:
die Angst vor islamistischem Terrorismus so groß, wäh-
rend umgekehrt die öffentliche Bedrohungsperzeption und
Bedrohungskonstruktion
des Rechtsterrorismus weitaus
geringer ist? Und das, obwohl in Deutschland die Delikte
rechter Straftäter in 2015 um fast 35 Prozent auf insgesamt
22.960 gestiegen sind? Auch die Zahl rechtsextremistischer
Gewalttaten erreichte 2015 in Deutschland einen Rekord-
wert. Diese Zahl stieg um mehr als 44 Prozent auf 1.485
Fälle. Die Zahl der Straftaten gegen Aufnahmeeinrichtun-
gen von Geflüchteten stieg um 427 Prozent, die der Gewalt-
taten gegen Unterkünfte sogar um 580 Prozent. Fremden-
feindliche rechte Straftaten im Bereich Hasskriminalität
stiegen um 89,2 Prozent auf 9.426 Fälle. Rechtextremistisch
motivierte fremdenfeindliche Gewalt stieg um 78,5 Prozent
auf 980 Delikte.
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Dies ist insofern nicht überraschend,
40 Zeit Online/Die Zeit: Hans-Georg Maaßen: Geheimdienst hat keinen
Hinweis auf konkreten Anschlag vom 05.02.2016,
<http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-02/hans-georg-maassen-islamismus-
berlin-is-algerien-alexanderplatz> [Stand: 07.02.2016].
41 Die Wirkung solcher „ganz normaler Ermittlungsarbeit“ zeigt gerade
das Beispiel Deutschland, wo es auch vor dem Selbstmordanschlag von
Ansbach im Juli 2016 schon eine konstant hohe öffentliche Bedrohungs-
perzeption durch islamistischen Terrorismus gab. Nur noch einmal zu
Erinnerung: Gerade weil man auch einer potenziell (islamistischen) terro-
ristischen Bedrohung solche Aufmerksamkeit schenkt, erscheint der (isla-
mistische) Terrorismus so gefährlich. Das genau ist die konstruktivistische
Logik terroristischer Bedrohungsperzeption. Dass Staaten gar nicht anders
können, als auch auf eine nur potenzielle Bedrohung durch Ermittlungs-
arbeit zu reagieren, ist das, womit terroristische Organisationen rechnen.
42 BMI: Politisch Motivierte Kriminalität im Jahr 2015 - Bundesweite Fallzah-
len aus 2016,
<http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Nach-richten/Pressemitteilungen/2016/05/pmk-2015.pdf;jsessionid=903F0BFF4
FA227B4B60D97309EDF945C.2_cid373?__blob=publicationFile> [Stand:
27.09.2016] und BMI: PMK -Straftaten gegen Asylunterkünfte nach Delikts-
bereichen 2014, 2015 und 2016,
<http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Nachrichten/Pressemitteilungen/2016/05/pmk-2015-straf-
taten-gegen-asylunterkuenfte.pdf;jsessionid=903F0BFF4FA227B4B60D97
309EDF945C.2_cid373?__blob=publicationFile> [Stand: 27.09.2016]; BMI:
Übersicht ‚Hasskriminalität‘, 2016,
<http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Nachrichten/Pressemitteilungen/2016/05/pmk-2015-hass-
kriminalitaet-2001-2015.pdf;jsessionid=903F0BFF4FA227B4B60D97309
EDF945C.2_cid373?__blob=publicationFile> [Stand: 27.09.2016]; Andre-
as Bock: Kriminalstatistik 2015: Eine unverändert hohe Gefährdungslage
durch ‚Flüchtlinge‘? vom 07.06.2016,
<http://fluechtlingsforschung.net/kriminalstatistik-2015-eine-unverandert-hohe-gefahrdungslage-durch-
fluchtlinge/> [Stand: 17.06.2016].
als dass das Bundesamt für Verfassungsschutz bereits 2014
rund 21.000 Rechtsextremisten in Deutschland gezählt
hatte, von denen etwa 10.500 als „gewaltbereit“ eingestuft
wurden.
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Bemerkenswert allerdings erscheint, dass diese
mehr 10.000 potenziell rechtsterroristischen „Gefährder“
weitaus weniger problematisch perzipiert werden, als die
etwa 420 islamistischen „Gefährder“.
Eine erklärende Hypothese für diesen Umstand könnte
sein, dass die öffentliche Bedrohungsperzeption und
Bedrohungskonstruktion eines islamistischen Terrorismus
durch sozial etablierte und reproduzierte Stereotype des
Islam und muslimischen Gläubigen, die als gefährlich
und/oder nicht zu Deutschland gehörend eingeschätzt
werden, verstärkt werden: „Über die Hälfte der Bevölke-
rung [in Deutschland, A.B.] nimmt den Islam als Bedro-
hung wahr und ein noch höherer Anteil ist der Ansicht,
dass der Islam nicht in die westliche Welt passt.“
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Und
der Aussage, „Muslimen sollte die Zuwanderung nach
Deutschland untersagt werden“, mit der der designierte
US-Präsident Donald Trump im Wahlkampf für Stim-
mung und Empörung gesorgt hat,
45
stimmten laut Religi-
onsmonitor bundesweit 24 Prozent „voll und ganz“ oder
„eher“ zu.
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Eine entsprechende Wahrnehmung muslimi-
scher Gläubiger und des Islam hatten Zick, Küpper und
Hövermann auch für Europa festgestellt. So
unterstellen
17 Prozent der befragten Deutschen und durchschnittlich
22 Prozent der Europäer: „Die Mehrheit der Muslime fin-
det islamistischen Terrorismus gerechtfertigt.“
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43 Daniel Koehler: Strategies of contention. Right-wing extremism and
‚counter-state terror‘ as a threat for western democracies vom 23.03.2016,
<http://www.sicherheitspolitik-blog.de/2016/03/23/strategies-of-contention-right-wing-extremism-and-counter-state-terror-as-a-
threat-for-western-democracies/> [Stand: 29.11.2016].
44 Bertelsmann Stiftung: Religionsmonitor – verstehen was verbindet. Sonder-
auswertung Islam 2015. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick, <http://
www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/Projekte/51_Religionsmonitor/Zusammenfassung_der_Sonderauswertung.pdf> S. 7. [Stand: 29.11.2016].
45 Dara Lind: Donald Trump proposes ‚total and complete shutdown of
Muslims entering the United States‘ vom 07.12.2015,
<http://www.vox.
com/2015/12/7/9867900/donald-trump-muslims> [Stand: 25.04.2016].
Eine Forderung, die sich aber auch Ungarns Ministerpräsident Orbán und
Polens Ministerpräsidentin Ewa Kopacz zu eigen gemacht haben
(Welt.de:Islam: Polen will nur christliche Flüchtlinge aufnehmen, vom 25.06.2015,
<http://www.welt.de/politik/ausland/article143093749/Polen-will-nur-christliche-Fluechtlinge-aufnehmen.html> [Stand: 25.04.2016]).
46 Bertelsmann Stiftung (wie Anm. 44), S. 8.
47 Andreas Zick/Beate Küpper/Andreas Hövermann: Die Abwertung der An-
deren. Eine europäische Zustandsbeschreibung zu Intoleranz, Vorurteilen
und Diskriminierung, Tübingen 2011, S. 70.