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Das deutsch-italienische Anwerbeabkommen vom 20. Dezember 1955
Einsichten und Perspektiven 4 | 15
stabilisieren sollten.
41
Indem Elemente des Vanoni-Plans
als „Protokoll betreffend Italien“ in die Römischen Ver-
träge eingingen, wurde das italienische Arbeitsmarkt- und
das damit in Verbindung stehende Bevölkerungsproblem
sogar „vergemeinschaftet“.
42
Die Vertragsparteien berück-
sichtigten mit diesem Protokoll nämlich ausdrücklich,
dass „gefährliche Spannungen, namentlich in der Zah-
lungsbilanz oder im Beschäftigungsstand, durch welche
die Anwendung dieses Vertrags [zur Gründung der Euro-
päischen Wirtschaftsgemeinschaft – d.Verf.] in Italien in
Frage gestellt werden könnte, zu vermeiden sind“.
43
Der Vanoni-Plan selbst stellte eine Zusammenfassung
aller Wirtschaftsprojekte der italienischen Regierung mit
dem Ziel dar, die Konkurrenzfähigkeit der italienischen
Ausfuhrwirtschaft auf den internationalen Märkten zu fes-
41 Vgl. Archives diplomatiques, 193QO/254. Étude sur le développement
du revenu national et de l’emploi au cours de la période 1955–1964,
S. 250/3.
42 Vgl. Francesca Fauri: L’Italia e l’integrazione economica europea 1947–
2000, Bologna 2001, S. 127.
43 Protokoll betreffend Italien. Vom 25. März 1957, in: Europa-Recht. Text-
ausgabe mit ausführlichem Sachverzeichnis und einer Einführung von
Ernst Steindorff,
4
München 1979, S. 101.
tigen und gleichzeitig das Arbeitslosenproblem in Angriff
zu nehmen.
44
Neben einer Verbesserung des Bildungswe-
sens und der beruflichen Ausbildung sollte vor allem die
Emigration die Beschäftigungslage verbessern. Um die
Arbeitslosigkeit um vier Millionen Personen zu reduzie-
ren sah Vanoni die Auswanderung von 800.000, also von
jährlich 80.000 Arbeitskräften zwischen 1955 und 1964
vor. Deren Heimatüberweisungen wurden wiederum zur
Entlastung der Zahlungsbilanz einkalkuliert.
45
Während
sich die Heimatüberweisungen der Migranten 1954 auf
85 Mrd. Lire beliefen, sollten diese in zehn Jahren so
um 47 Prozent auf geplante 125 Mrd. Lire im Jahr 1964
44 Vgl. PA Berlin, B 62/54. V C 2 B, vom 8. Dezember 1954, betr. Besprechung
mit dem italienischen Haushaltsminister Prof. Dr. Ezio Vanoni am 13. und
14. Dezember in Bonn. Ausführlich zum Vanoni-Plan siehe: Horst Män-
nel: Der Vanoni-Plan. Ein Aktionsprogramm für die Arbeitsbeschaffung
und wirtschaftliche Expansion Italiens für den Zeitraum 1955–1964, in:
Europa-Archiv, 10 (1955), S. 7439–7448 und 7553–7558.
45 Vgl. Archives diplomatiques, 193QO/225. Centre d’étude de politique
étrangère, Paris, Comité d’étude des problèmes franco-italienne. Docu-
ment de travail. Le Plan Vanoni, S. 532–616, hier S. 538. Vgl. auch S. 322
und 340 des die Hauptlinien des Vanoni-Planes skizzierenden Artikels:
Vanoni, Ezio: Development of Employment and Income in Italy, in: Review
of Economic Conditions in Italy, 4 (1955), S. 315–343.
Werbung für das italienische Modell: Die Familie des Postangestellten Luigi Ronucci möchte sich dauerhaft in der Bundesrepublik niederlassen, München 1960.
Foto: SZ Photo/Fotograf: Fritz Neuwirth