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Eine Mauer für Freiheit und Sicherheit

prosperierten und erhielten um die Mitte des 13. Jahr-

hunderts je eine Mauer. Zwischen den Stadthälften verlief

das Tal der Pegnitz mit Schwemmland und Sumpf, zum

Teil Wohnbereich der jüdischen Gemeinde. 1320 ent-

schloss sich der Rat, die Sebalder und Lorenzer Seite zu

vereinen. Dafür musste man den Fluss mit einer Mauer

überspannen. Eine spätere Erweiterung (bis 1450) schloss

Vorstädte ein und schuf den gut fünf Kilometer langen

äußeren Mauerring, der noch weitgehend erhalten ist. Der

entscheidende Schritt für die urbane Entwicklung war die

Vereinigung der Teilstädte hinter einem Mauerring. Nun

konnte man an den inneren Ausbau gehen und die Fluss-

niederung zu einem neuen Zentrum entwickeln.

Es war ein Vorgang, den man häufig finden kann: In

Quedlinburg vereinigten sich etwa ab 1330 Alt- und Neu-

stadt durch den Bau einer gemeinsamen Mauer. Rostock

entstand 1265 durch eine gemeinsame Mauer um drei

Teilstädte. Braunschweig

16

ist sogar aus fünf Weichbildern

zusammengewachsen – Altewiek, Altstadt, Hagen, Neu-

stadt und Sack –, die unabhängig voneinander gegründet

worden waren, sich regierten und je eine Mauer besaßen.

Im 13. Jahrhundert baute man eine gemeinsame Mauer

und etablierte einen gemeinsamen Rat.

16 Vgl. Stadt im Wandel (wie Anm. 12), Bd. 1, S. 56–59.

Hier wie in vielen anderen Fällen war die Mauer eine

wesentliche Voraussetzung für die Stadtwerdung: Sie

vereinigte verschiedene Siedlungskerne oder Teilstädte,

bestimmte die Grenzen von Plangründungen und integ-

rierte Vorstädte. Die Mauer definierte die Stadt, und sie

war eine Gemeinschaftsaufgabe, die andere nach sich zog,

weil man einen begrenzten Raum sinnvoll verwalten und

das Zusammenleben organisieren musste. Das reichte von

Bauordnungen und der Gestaltung des öffentlichen Rau-

mes über Feuerschutz und Vorschriften zur Tierhaltung

bis zur Gewährleistung der Verteidigungsbereitschaft. Für

all das war die Mauer real und sinnbildlich eine Klam-

mer und dadurch eine Voraussetzung für die Entwicklung

eines gemeinsamen Bürgersinns, einer lokalen Identität.

Alte und neue Mauern

Rothenburg und Nördlingen sind Beispiele dafür, dass

Stadterweiterungen vorgenommen wurden, um unge-

schützte Vorstädte zu integrieren. Dabei sind die altenMau-

ern nicht einfach verschwunden: Sie haben – wie andern-

orts auch – ihre Signatur in den Stadtplänen hinterlassen.

Die Stadt Rothenburg

17

entwickelte sich von der Burg

her, die auf einem Felssporn hoch über dem Taubertal

17 Vgl. Dehio (wie Anm. 15), S. 720 f., S. 730 f.

Stadtansicht von Nürnberg. Kolorierter Holzschnitt von Michael Wolgemut aus der Schedelschen Weltchronik von 1493

Foto: ullstein bild – histopics