Magazin Einsichten und Perspektiven (Ausgabe 3/13) - page 11

Ein Gesprächmit Arno S. Hamburger
Einsichten und Perspektiven 3 | 13
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1941, Arno Hamburger (links) bei seiner Ausbildung in der britischen Armee
Foto: privat
Ich betrat das dortige Büro und habe zunächst mit
einem Major gesprochen, der die rechte Hand eines Gene-
rals war, der dort wiederum den Oberbefehl über das
Hauptquartier hatte. Und ich erzählte dem Major meine
ganze rührende Geschichte, doch der sagte:„Ich kann Ih-
nen nicht helfen. Es gibt die Regel, dass niemand nach
Deutschland fahren darf.“
Ich fragte ihn, ob ich nicht den Oberkommandie-
renden sprechen könne, es sei doch ein besonderer Fall. Ihm
habe ich ebenfalls meine Geschichte erzählt und dazu ge-
sagt:„Major XY hat gemeint, Sie geben mir einen Sonder-
pass.“ Und er fragte:„
Did he?
Hat er das wirklich gesagt?“
Dabei war neben ihm ein Telefon, und ich hab noch gedacht:
„Wenn er jetzt ans Telefon geht und ihn anruft, dann sagt
der ihm:‚Ich hab kein Wort davon gesagt!‘, und dann bist
du aber im Eimer!“
„Aber“, so fuhr er fort, „wenn der das gesagt hat,
dann wird es schon stimmen!“ Dann gab es da in dem Pass
so ein Papier mit einer Prägung – nicht mit einem Stempel,
mit einer Prägung –, worauf er schrieb:„14 Tage Urlaub mit
der Erlaubnis, nach Deutschland einreisen zu dürfen“.
Landeszentrale:
Glauben Sie, dass er Sie durchschaut hat?
Hamburger:
Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall hat er mir das
Ding gegeben! Und kaum hatte er unterschrieben, da riss
ich es ihm schon weg, lief raus, an dem Major vorbei, habe
salutiert, und weg war ich.
Anschließend ging ich in Florenz zu einem ameri-
kanischen Captain und erklärte ihm, ich hätte die Erlaubnis,
nach Deutschland einreisen zu dürfen, und dass ich 14 Tage
Urlaub hätte. Ich fragte ihn dann, ob er mir nicht helfen
könne, und er sagte:„Also nach Deutschland fahre ich
nicht, aber ich bin ein Kurier und morgen früh fliege ich mit
dem Flugzeug nach Bozen.“
Amnächsten Tag, das war ein Samstag, bin ich dann
mit nach Bozen geflogen und von da aus getrampt. Ameri-
kaner haben mich gerne mitgenommen. Die waren immer
froh, wenn sie mich dabeihatten, weil die Bauern unterwegs
nur Deutsch und kein Englisch sprachen.
Landeszentrale:
Dann haben Sie übersetzt …
Hamburger:
Ja, das war ja in Südtirol, dort haben alle
Deutsch gesprochen.
Ich wurde schließlich mitgenommen bis an einen Kontroll-
punkt südlich von Innsbruck. Die ganze Strecke bin ich per
Anhalter gefahren mit amerikanischen Jeeps und Lastautos,
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