aviso - Zeitschrift für Wissenschaft und Kunst in Bayern - page 24

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alleingestellt auf dem freien Markt, ist es nur für wenige junge Zeichner mög-
lich, die Arbeit an einem 150-300 Seiten starken Bilderroman – manche Zeichner
arbeiten 4-5 Jahre an einzelnen Projekten – zu finanzieren. Vorschüsse werden
kaum und wenn nur mager gezahlt und ein der Bildenden Kunst vergleichbares
Stipendiatenwesen existiert für Illustratoren nicht. Bestenfalls gibt es die Möglich-
keit von Projektförderungen durch das Kulturwerk der VG-Bild Kunst, prämierte
Auszeichnungen wie den Hans-Meid-Preis oder kleinere Stipendien im Umfeld
einiger Grafik-Hochschulen. Mittlerweile ist es auch üblich geworden, die erzäh-
lerisch-zeichnerische Arbeit (vor allem, wenn eine Publikation ansteht) vorab auf
eigenen Blogs oder mit teils aufwändigen Clips auf YouTube bei »Friends« und
»Followers« zu promoten. Und die Chancen für eine Veröffentlichung eines New-
comers steigen nach Aussage der Verlage deutlich, wenn er schon VOR der ersten
Veröffentlichung über so etwas wie eine Fanbase verfügt... Dabei sollte man sich
über den Stellenwert der Graphic Novels auf demMarkt keine falschen Illusionen
machen. Die Auflagen der bestverkauften Einzeltitel liegen immer noch weit unter
denen konventioneller populärer Comics, d. h. der vermeintliche Erfolg der Gra-
phic Novel ist zuerst mal geglücktes Marketing.
Neue Optionen
Welche Optionen bleiben für Zeichnerinnen und Zeichner, Autorinnen und Auto­
ren, wenn man weniger die Wünsche des Marktes nach der Realisierung der
x-ten Comicbiografie, eines Eventcomics (vielleicht eine gezeichnete Thailand-
Reportage?) oder einer Coming Of Age-Story (am besten autobiografisch) erfüllen
möchte, und stattdessen die Graphic Novel wirklich als künstlerisches Medium
begreift? Man kann sich vomMarkt und seinen Restriktionen lösen und unabhän-
gig – independent – in Eigenregie oder in Kooperation mit anderen die eigenen
Bücher, Comics und Graphic Novels produzieren. Mittlerweile gibt es ein enges
From Hell – Kapitel 1 – Seite 11
W-Was
soll das
bedeuten?
Ich, ich ver-
lange...
Hier
entlang
bitte,
Euer
Hoheit.
Euer..
Hoheit..?
In die
Kutsche
mit ihm.
FH_016-029_Chap1CC 16.11.2008 13:21 Uhr Seite 27
Der alle zwei Jahre stattfindende Inter-
nationale Comic-Salon Erlangen ist das
wichtigste Festival für Comics und Gra-
phic Novels im deutschsprachigen Raum
und hat einen nicht unerheblichen Anteil
daran, dass der Comic inzwischen auch
in Deutschland als Kunstform anerkannt
ist. Auf rund 15.000 Quadratmetern Ver-
anstaltungsfläche verbindet der Internati-
onale Comic-Salon in seinem Programm
Kunst und Kommerz, Mainstream und
Avantgarde, er ist Seismograph und Mo-
tor der deutschen Branche zugleich und
spiegelt seit 30 Jahren die ganze Vielfalt
des Genres wider.
rechts
Eddie Campbell & Alan Moore,
»From Hell«, Cross Cult, 2011.
daneben
Lars Henkel, »Das Unverständliche«,
in »Mikrokosmos-Box«, Poste Aérienne, 2012.
unten
Titelseite der Comiczeitschrift »Strichnin«,
Studienprojekt, Hochschule Augsburg,
Prof. Mike Loos.
aviso 4 | 2014
Renaissance des zeichnens?
Colloquium
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