Schulversuch Flexible Grundschule - Dokumentation, Ergebnisse, Emfpehlungen für die Praxis - page 70

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Diese Komponenten bedingen sich gegenseitig
und führen am Ende durch ihr Zusammenwirken
zu einem positiven Arbeitsergebnis. Als Ergebnis
zählt auch der Prozess, nicht nur ein vorzeigbares
Produkt im Anschluss an einen Arbeitsauftrag. In-
sofern werden auch diese beiden Aspekte immer
einer – wenn auch manchmal nur kurzen – Refle-
xion und Bewertung durch die Schülerinnen und
Schüler unterzogen.
2.3.2 Betonung des sozialen und
methodischen Lernens
Gruppen- und Partnerarbeit als kooperative Ar-
beitsformen setzen voraus, dass jedes Gruppen-
mitglied mindestens eine feste Aufgabe im Team
übernimmt und damit von Anfang an eine Mitver-
antwortung für das Gruppenergebnis innehat. Im
Sinne einer sogenannten positiven Abhängigkeit
erfahren die Schülerinnen und Schüler auf diese
Weise, dass sie keine Einzelkämpfer sind, sondern
der Erfolg wesentlich davon abhängt, wie gut sie
miteinander zusammengearbeitet haben und wie
ernsthaft jeder seine Aufgabe ausgeführt hat.
Auch schüchterne oder eher phlegmatische
Kinder bekommen hier eine Chance, sich zu ent-
falten und ein Erfolgserlebnis zu haben – sind sie
doch bereits in der Gruppenarbeit jemand, der
ein unentbehrliches „Amt“ einnimmt.
Die Ämter werden nach und nach eingeführt
und geschult, sodass die Kinder mit kooperati-
ven Arbeitsweisen sukzessive vertraut gemacht
werden und durch regelmäßige Reflexion lernen,
welche Faktoren zu einer gelingenden Zusam-
menarbeit beitragen.
Die Zahl der Ämter ist theoretisch unbegrenzt.
Die im Folgenden dargestellten Ämter (Abb. 13)
haben sich jedoch für Grundschulkinder bewährt.
Besonders nützlich sind zudem Ämterkarten, wie
sie von Schulverlagen angeboten werden.
Der Zeitmanager achtet auf die
Einhaltung der vorgegebenen
Zeit und erinnert seine Team-
mitglieder an die ablaufende
Zeit.
Der Vorleser liest den Teammit-
gliedern laut und deutlich vor
und achtet darauf, dass jeder
das Gelesene verstanden hat.
Der Schreiber notiert die Grup-
penergebnisse für sein Team. Er
muss darauf achten, dass sein
Text gut leserlich ist. Er kann
die Teammitglieder um Formu-
lierungshilfe und Unterstützung
bei der Schreibweise bitten.
Abb. 13: Ämter in kooperativen Lernformen
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Weitere Ämter sind z.B. die des Materialma-
nagers (organisiert das zur Arbeit benötigte Ma-
terial) oder des Illustrators (schmückt Gemein-
schaftsarbeiten mit Zeichnungen aus). Hier wird
deutlich, dass bei der Einteilung der Ämter die
unterschiedlichen Talente genutzt werden kön-
nen. Wenn die Arbeitsweise gut eingeschult ist,
ist es wünschenswert, dass die Ämter so gewech-
selt werden, dass die Schülerinnen und Schüler
immer wieder für andere Aspekte des Gruppen-
prozesses verantwortlich sind.
Komplexere Ämter sind solche, bei denen die
Kinder verstärkt soziale Rollen einnehmen, wie
etwa das Amt des Ermutigers (lobt richtige und
gute Beiträge), des Kritisierers (hinterfragt Bei-
träge kritisch, ohne jemanden abzuwerten) oder
des Nachfragers (sorgt für Hilfe bei Unklarhei-
ten), des Flüsterstimmenmanagers (achtet dar-
auf, dass die Gruppe in angemessener Lautstärke
arbeitet) oder des Redezeitmanagers (achtet auf
die Einhaltung einer bestimmten Redezeit für je-
des Mitglied).
In einem kompetenzorientierten Unterricht
sind nicht nur die Ergebnisse des Lernens von
Bedeutung, sondern immer auch die Qualität der
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