G
esunde Kinder stehen
auf der Wunschliste der
Eltern ganz oben und
sind mit Abstand ihr
höchstes ErziehungszieL Ob,
autoritär oder antiautoritär -
hier stimmen alle Eitern über–
ein. Das ermittelte eiri Frank–
furter Forschungsinstitut im
Auftrag der Kölner Bundes–
zentrale für gesundheitliche
Aufklärung.
Das Institut sollte aber
nicht nur die theoretische
Wertschätzung herausfinden,
die Eltern für die Gesundheit
ihrer Kinder hegen. Es sollte
auch prüfen, wie die Theo–
rie in die Praxis umgesetzt
wird, das heißt, wie es die
Eltern im Alltag mit der Ge–
sundheitserziehung
halten.
Lassen wir uns überraschen.
Zunächst zur Theorie: Im
Wettstreit mit über zwei
Dutzend
erstrebenswerten
Kinder-Eigenschaften sieg!!:
die Gesundheit haushoch.
92 Prozent der Eltern setzen
sie auf Platz eins, noch vor
Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft,
Selbständigkeit- ja sogar vor
Intelligenz! Man möchte den
Eltern zu ihrer gesunden
Einstellung gratulieren.
Aber: Wenn das erzieheri–
sche Interesse der Mütter
und Väter so stark auf die
Gesundheit ihrer Kinder ab–
zielt, müßte dann nicht eine
pumperlgesunde, kraftstrot–
zende Jugend heranwachsen,
eine Generation, die vor
Vitalität aus den Jeans platzt?
Woher rührt das von Jahr zu
Jahr tiefere Stirnrunzeln un–
serer Schulärzte, wenn sie
den Nachwuchs Revue pas–
sieren lassen? Wie kommt
die Jugend zu Plattfüßen und
Hohlkreuz, zu Karies und
Kreislaufschwäche, wenn in
den Familien angeblich alle
Weichen in Richtung Ge–
sundheit gestellt sind?
Des Rätsels Lösung:
1!;.
tern loben zwar theoretisch
die Gesundheitserziehung in
den Himmel. aber was daiiiTt
konkret gemeint ist, wie man
sie in die Tat umsetzt, wissen
die
wenig~
Wie ein roter
Faden zieht sich diese elter–
liche Unsicherheit durch die
Frankfurter
Untersuchung
und tritt in vielen peinlichen
Widersprüchen zutage. Da
hält man auf der einen Seite
zwar fast hundertprozentig
die Gesundheit für das höch-
12
ste Gut, aber nur 48 Prozent
der Eltern finden, daß Sport
wichtig sei zur Erlangung die–
ses Ziels, und gar nur ein
Viertel will seine Kinder auch
"kräftig" und "abgehärtet"
sehen - so als wären körper–
liche Fitness und Gesundheit
zwei Paar Stiefel.
Weniger als die Hälfte der
Eltern interessieren sich für
die Themen "Früherkennung
von Haltungsschäden" und
, 1
Vorsorgeuntersuchungen".
Nur beschämende 24 Prozent
beschäftigt die Frage: "Hat
mein Kind genug Bewe–
gung?" Die absolute Mehr–
heit von 76 Prozent ist sich
offenbar nicht darüber klar,
was in Wahrheit alles zur
Gesundheitserziehung gehört.
Hoch im Kurs steht bei
fast allen befragten Eltern die
gesunde Ernährung. Sie ist
mit weitem Abstand der
Antwort-Favorit auf die Fra–
ge: "Was ist wichtig· für die ·
Gesundheit meines Kindes?"
Die meisten Mütter glauben
auch, daß sie in dieser Hin–
sicht alles richtig machen.
Viele Ärzte sind da aber lei–
der ganz anderer Ansicht.
Der Münchner Kinderarzt
Dr. Döker: "Was die wohl–
meinenden Mütter ,richtig'
nennen, ist oft nur ,reichlich
und schmackhaft' - aber vom
Gesundheitsstandpunkt aus
denkbar falsch: zuviel Fett,
zu süß, zu kalorienreich.
Und vor allem mengenmäßig
viel zuviel. Fast jedes dritte
Kind ist überfüttert. Dicke
Kinder bleiben auch als Er–
wachsene übergewichtig oder
neigen dazu. Der im Kindes–
alter gemachte Ernährungs–
fehler ist später kaum mehr
zu korrigieren. Dabei kann
Übergewicht lebensgefährlich
werden, weil es Herzinfarkt,
Diabetes, Arterienverkalkung,
Bluthochdruck begünstigt."
Wie wenig ernst Eltern
Ernährungsprobleme
neh–
men, bestätigen die offen–
herzigen Auskünfte ihrer Kin–
der: "Meine Eltern schimpfen
gar nicht, wenn mir schlecht
wird, weil ich zuviel geges–
sen habe." - Diese Aussage
bestätigen immerhin 84 Pro–
zent! Die bei der Untersu–
chung erforschten Väter und
Mütter waren sich jedoch ge–
rade in der Essensfrage ihrer
Sache sicher. Nur die Hälfte
hält es z. B. für notwendig,
längst nicht
alle Eltern
interessieren sich
für wichtige
Probleme
der Gesundheits–
erziehung:
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