Französisch
So
sprach Napo–
leon, so schrieben
weltberühmte Dich–
ter und Philoso–
phen. Jahrhunder–
telang verständigte
sich das ganze ge–
bildete Europa in
dieser Sprache. Sie
zu lernen lohnt
noch immer. Auch
im Zeitalter der
Überschallflug–
zeuge.
22
Fortsetzung von Seite 20
Vor 200 Jahren war Franzö–
sisch die Universalsprache Eu–
ropas, das Markenzeichen für
weltmännische Lebensart. Die
gebildete Oberschicht verstän- .
digte sich über alle Grenzen
hinweg in dieser Sprache. Der
Preußenkönig Friedrich der
Große etwa dachte, sprach und
schrieb französisch. Ebenso die
Diplomaten - gleich welcher
Nation.
Vom Rhein bis zum Ural er–
zogen französische Gouver–
nanten und Hauslehrer die Kin–
der der Adeligen und des Groß–
bürgertums; denn ohne Franzö–
sischkenntnisse konnte man da–
mals nichts werden in der Poli–
tik, in der Wissenschaft, in der
großen Weit schlechthin. ln–
zwischen mußte Französisch
seine Vorrangstellung längst
ans Englische abtreten, die
neue Weltsprache Nummer
eins. Warum sollen wir dann
eigentlich heute noch Franzö–
sisch lernen? Gründe dafür gibt
es genug.
Wir hören diese Sprache di–
rekt vor unserer Haustür. Zwi–
schen uns und dem nächsten
englisch-sprachigen Land lie–
gen mehrere Staaten, in denen
Französisch den Ton angibt.
Vier unserer unmittelbaren
Nachbarländer, nämlich Frank–
reich, Belgien, Luxemburg und
die Schweiz, sprechen ganz
oder teilweise französisch . Das
sind für uns Mitteleuropäer aus–
nahmslos interessante Reiselän–
der. Kaum einer, der nicht ir–
gendwann in seinem Leben
einmal dorthin käme. Franzö–
sischkenntnisse nützen dann
entschieden mehr als ein noch
so bühnenreifes Pantomimen–
spiel.
Aber nicht nur als Touristen
kommen wir in Kontakt mit je–
nen 60 Millionen Europäern,
die Französisch als Mutterspra-
ehe sprechen. Frankreich ist
der größte Handelspartner der
Bundesrepublik. Mit ihm wik–
keln wir ein Drittel unseres ge–
samten Außenhandels ab - we–
sentl ich mehr als mit England
oder den Vereinigten Staaten.
Wer vom Export lebt, so wie
wir Deutschen, der sollte die
alte Weisheit beherzigen: Man
kann zwar ohne Sprachkennt–
nisse etwas einkaufen, aber
nichts verkaufen.
Immer mehr Wirtschaftsun–
ternehmen suchen darum Mit–
arbeiter, die nicht nur Englisch,
sondern auch Französisch kön–
nen. Nur selten werden sie fün–
dig. Vierzig Bewerbern mit Eng–
lischkenntnissen steht derzeit
nur ein einziger gegenüber, der
Französisch kann. Welch kras–
ses Mißverhältnis! Dabei arbei–
ten immer mehr deutsche Fir–
men mit französischen Unter–
nehmen zusammen . Der Air–
bus ist nur eines von vielen ge–
meinsamen
Großprojekten.
Tausende von deutschen Tech–
nikern und Ingenieuren wirken
heute schon für ihre Firmen im
französisch-sprachigen
Aus–
land. Englisch allein hilft dort
wenig.
Mit der Sprache
im Geschäft
Aber nicht nur im Wirt–
schaftsleben ist Französisch
wichtig. Das vieltausendköpfi–
ge Verwaltungspersonal der EG
in Brüssel spricht ebenfalls fran–
zösisch. Auch bei Post und Ei–
senbahn ist Französisch die in–
ternationale Amtssprache. Den
Rang des Französischen er–
kennt man auch daran, daß es
eine der drei beim Europäi–
schen Patentamt zugelassenen
Amtssprachen ist. Noch immer
ist sie auch Voraussetzung für
eine
Diplomatenlaufbahn.
Französisch ist also internatio–
nal gefragt, es gehört nach wie
vor zu den wichtigen Weltspra–
chen .
Rund 170 Millionen Men–
schen in 33 Staaten der Erde
sprechen französisch - entwe–
der als Muttersprache oder zu–
mindest als Amtssprache. Ab–
gesehen von Australien verstän–
digt man sich heute in jedem
Erdteil irgendwo auf Franzö–
sisch. Jenseits des Atlantiks bei–
spielsweise in Kanada, auf dem
asiatischen Kontinent in Laos,
Kambodscha und Vietnam.
Nicht weniger als 22 afrikani–
sche Staaten sind "franko–
phon", und zwar nicht nur im
Norden dieses Kontinents.
Auch im Kongo, in Senegal .
Mali und Madagaskar ist Fran–
zösisch Amtssprache. Wer
weiß schon, daß in der UNO
ebensoviele Delegationen fran–
zösisch sprechen wie englisch
-nämlich 35 .
Aber nicht nur irl der Weltpo–
litik hat Französisch ein Wort
mitzureden. Vor allem die Eu–
ropapolitik ist aufs engste mit
Frankreich und seiner Sprache
verbunden. Die früheren "Erb–
feinde" Franzosen und Deut–
sche, deren blutige Fehden Eu–
ropa einst an den Rand des Ru–
ins brachten, haben sich nach
dem 2. Weltkrieg versöhnt. Ihr
gemeinsames Ziel: das vereinte
Europa. Nur ein starkes Be–
wußtsein europäischer Zusam–
mengehörigkeit schützt uns auf
die Dauer gegen den Ansturm
aggressiver Ideologien. Da
müssen die Völker aber eina
der kennen und verstehen ler–
nen, und das geht nur über die
Sprache.
Wer eine fremde Sprache
lernt, dem fällt es leichter, die
Eigenart eines anderen Volkes
anzuerkennen. Mit der Kennt–
nis der Sprache wächst gleich–
zeitig das Verständnis für das
Volk, das sie spricht, für sein
Denken und seine Lebenswei–
se. Das dient immer dem Frie–
den. Je mehr Menschen Fremd–
sprachenkenntnisse haben, de–
sto enger und tragfähiger wird
das Kommunikationsnetz zwi–
schen den Nationen. Nur die
Verständigung einzelner Men–
schen untereinander führt letzt–
lich zur Völkerverständigung.
Darum kommt, wer nationalen
Egoismus überwinden und eu–
ropäisches Bewußtsein weck
will, am Fremdsprachenlern
nicht vorbei.
Schüler-, Studenten- und
Lehreraustausch, Städte- und
Schulpartnerschaften zwischen
Deutschland und Frankreich
leisten dafür einen guten Bei–
trag. Der deutsch-französische
Vertrag, abgeschlossen 1963
zwischen de Gaulle und Ade–
nauer, stellte die Weichen klar
in diese Richtung. Wenn wir
heute die französische Sprache
pflegen, dann bauen wir also
an diesem Werk weiter.
Wer Französisch lernt, der
gewinnt den Schlüssel zu einer
der großen Kulturen des
Abendlandes. Aus Frankreich
kam die Gotik, die Idee der Ka–
thedrale, die Malerei des Im–
pressionismus, die Philosophie
der Aufklärung, der Gedanke
der Gewaltenteilung, ohne den
keine moderne Demokratie
vorstellbar ist. Weltrang ge–
bührt insbesondere der franzö-