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will letztlich dem gleichen Ziel
dienen, nämlich die drohenden
Gefahren vom Weg der Kinder
zu bannen.
Einen perfekten Schutz gibt
es natürlich nicht. Aber jeder,
der sich mitverantwortlich
fühlt, fragt sich: "Was kann
man denn vielleicht noch tun?"
Die Unfallbilanz verlangt nach
neuen Wegen . Schon ein einzi–
ges verunglücktes oder gar ge–
tötetes Kind ist zuviel.
ln Neustadt an der Aisch lie–
gen Grund- und Hauptschule
mitten im Zentrum. Zwei Bun–
desstraßen durchziehen die
mittelfränkische Stadt und auf
jeder dröhnen bis zu 8000
Kraftfahrzeuge pro Tag. Minde–
stens eine dieser Straßen müs–
sen alle Kinder auf dem Weg
zur Schule oder nach Hause
überqueren . Um das Unfallrisi–
ko zu mindern, erhielten die El–
tern jahrelang Straßenpläne, in
denen sichere Anmarschwege
eingezeichnet waren. Schon
vor dem ersten Schultag konn–
ten sie so die Strecken mit ihren
Kindern einüben.
Aber den Mitgliedern der
Kreisverkehrswacht war das
nicht genug. Sie meinten :
"Warum malen wir die Schul–
wegpläne statt abstrakt auf das
Papier nicht konkret auf die
Gehwege?" Ihr Vorschlag: Leit–
linien, wie sie jedes Kind von
Landstraße oder Autobahn her
kennt, sollen auf den Bürger–
steigen die sichere Verbindung
zwischen den Wohnvierteln
und der Schule markieren . Da
braucht niemand mehr Pläne
zu studieren, die Kinder folgen
einfach den "Richtlinien" auf
den Gehsteigen. Dort, wo sie
eine Fahrbahn überqueren
müssen, ist ein "Wartekasten "
vorgesehen (BildS. 19 unten). .
ln vielen Sitzungen besprach
man die Idee mit Polizeibeam–
ten, Pädagogen, Eltern und Juri–
sten . Man stellte die Vorteile
der Schulwegmarkierung her–
aus, mußte sich aber auch mit
Einwänden und Bedenken aus–
einandersetzen. Würde nicht
das Stadtbild durch die Linien
verschandelt? Wie steht es mit
ihnen im Winter, wenn die
Gehwege morgens noch nicht
geräumt sind? Aber in den er–
sten drei Monaten fällt in der
Regel meist kein Schnee und
danach kennen die Schulanfän–
ger schon ihren Weg.
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Schul·
wegplan
aufdem
Pflaster
Aus den ruhigen Wohngebie–
ten führen die Leitlinien auf den
Gehwegen auch durch verkehrs–
reiche Straßen. Die Kinder
wissen: Gefahr droht uns, wenn
wir die Linien verlassen.
Umstritten war auch: Sollen
die Leitlinien durch stille Ne–
benstraßen oder entlang den
belebten Hauptstraßen laufen?
Ist es sinnvoller, die Kinder in
Schonräume abzudrängen oder
von Anfang an richtige Ver–
kehrspartnerinihnen zu sehen?
Nach mehreren Wochen wa–
ren alle Fragen und Bedenken
ausdiskutiert und man konnte
zur Tat schreiten . Einen Meter
lang und sieben Zentimeter
breit, so pinselte man die Füh–
rungslinien Strich für Strich auf
die Gehsteige. Gelb wählte
man, weil es international als
Schutzfarbe bekannt ist. Am Be–
ginn und an zentralen Plä.tzen
wurden die Leitlinien in Riesen–
buchstaben mit dem Wort
"Schulweg" gekennzeichnet.
Aus gutem Grund hat man
sie in Neustadt entlang d
Hauptstraßen gezogen, dort,
wo etwas los ist, wo Schaufen–
ster sind, wo es Unterhaltung
gibt, wo die Kinder mehr sehen
und erleben als in stillen Ne–
benstraßen . Darum gehen die
Kleinen gerne auf den Linien
und bleiben der Sicherheitsspur
treu.
An Kreuzungen und Ampel–
übergängen mündet die Linie in
einen "Wartekasten". Das ist
ein auf das Pflaster gemaltes
Quadrat mit dem Symbol für
Schulkinder. Hier bleiben die
Kinder stehen - für alle Ver–
kehrsteilnehmer gut sichtbar.
Sie können die Autos beobach–
ten, und überqueren dann erst
die Straße, wenn die Luft rein
ist, die Ampel grün zeigt. Wer
immer nach Neustadt kommt,
der wird durch große Hinwei
tafeln am Ortseingang auf di
Schulwegmarkierung
hinge–
wiesen und zur Vorsicht ge–
mahnt.
Normalerweise kostet eine
solche Markierungs-Aktion so
viel, daß es dem Stadtsäckel
weh tut. Aber in Neustadt an
der Aisch war sie billig. Das
kam so: Die Lokalpresse veröf–
fentlichte die neue Idee und rief
freiwillige Helfer zum Mitma–
chen auf. Sofort meldeten sich
dreißig Idealisten. Die Sparkas–
se spendierte die Farbe, die
Verkehrswacht das Werkzeug
und die Schablonen. Der Bau–
hof stellte die Markierungsma–
schine, das Straßenbauamt lieh
den KornpressorunddieSpri tzpi–
stole. Eltern, Polizisten, Arbeiter
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