Probleme
und
20
Fahrt im Eimer
Der Fall:
Am Morgen war
alles wüst und leer. Die
Herren Einbrecher hatten
die Hauptschule in K. auf
den Kopf gestellt. ln der
Klasse 8 c wurden sie be–
sonders fündig. Als sie das
verschlossene Pult knackten,
fiel ihnen eine Bargeldbeu–
te von 260 Mark in die
Hände. Das war der Betrag,
den der Klassenlehrer von
seinen Schülern
für
die ge–
plante Fahrt ins Schulland–
heim eingesammelt hatte.
Die sofort verständigte Po–
lizei tappte völlig im dunk–
len. Um so heller war die
Empörung bei den Kindern,
Eltern und Lehrern. Aufge–
regt diskutierten sie die
Kernfrage : Wer muß für
den Schaden aufkommen ?
Der Lehrer? Der Staat? Die
Eltern?
Das Recht:
Eindeutig wäre
die Sache, wenn der Lehrer
bei der Verwahrung des
Geldes seine Sorgfaltspflicht
vernachlässigt hätte. Wenn
er also zum Beispiel den
Betrag einfach im Klassen–
zimmer hätte herumliegen
lassen und dadurch den
Diebstahl
mitverschuldet
hätte. Dann könnten die be–
troffenen Eltern Anspruch
auf Ersatz ihres Schadens
durch den Dienstherrn des
Lehrers, also 'den Staat, gel–
tend machen.
Der Lehrer der 8 c ging
mit dem anvertrauten Geld
jedoch sorgfältig um. Er
wußte, daß er im still–
schweigenden Auftrag der
Eltern handelt, wenn er da–
mit die Reise ins Landheim
organisiert, die Gruppen–
fahrka rte der Bundesbahn
zahlt usw. - und daß er
selbstverständlich für einen
von ihm verschuldeten Ver–
lust des ihm dafür anver–
trauten Geldes geradezu–
stehen hat. Somit spitzt sich
alles auf die Frage zu, ob
ein verschlossenes Pult im
abgesperrten Klassenzimmer
eines zur Nachtzeit ord–
nungsgemäß
verriegelten
Schulhauses tatsächlich ge–
nügt, um die Ausflugskasse
sicher zu verwahren.
Vor ein paar Jahren hätte
man diese Frage wohl noch
bejaht. Angesichts der in
letzter Zeit sich häufenden
Schulhauseinbrüche
geht
das nicht mehr. Erschwerend
kommt hinzu , daß Dutzen–
de von Schülern der 8 c das
nächtliche Geldverlies im
Pult kannten. Für Beträge
von einigen hundert Mark
ist heute wohl nur der
Schultresor - falls es ihn
gibt - sicher genug. Der
Lehrer hätte vielleicht das
Geld mit nach Hause neh–
men und dort sicher ver–
wahren können . Am besten
Wer hat recht?
Fälle aus dem Leben
der Schule
ützt wäre es gewesen,
er es treuhänderisch
auf ein Bankkonto einge–
zahlt. Weil nichts desglei–
chen geschah, spricht man–
ches dafür, daß die Eltern
der Klasse 8 c Aussicht hät–
ten auf Schadenersatz durch
den Dienstherrn des Leh–
rers, also den Staat.
Der
Doktor–
Vater
Der Fall:
Hannes hütet das
Bett.
Er
hat Masern und
fehlt schon drei Wochen.
Dem Klassenleiter steigen
Zweifel auf: "Hannes müß–
te doch längst wieder ge–
sund sein", meint er und
bittet die Eltern zusammen
mit dem Schulleiter um ein
ärztliches Attest. "Wie kann
man nur so mißtrauisch
sein!" schimpft Hannes' Va–
ter, schreibt dann aber -
weil er selbst Arzt ist - die–
gewünschte Bescheinigung.
Anschließend aber stellt er
als Honorar für seine ärzt–
lichen Bemühungen DM
20,- in Rechnung. "Die
Schule hat das Gutachten
verlangt", so sagt er, "jetzt
soll sie. es auch bezahlen."
Attest plus Rechnung lö–
sen beim Schulleiter Kopf–
schütteln aus. "Darf der ei–
gene Vater, selbst wenn er
Arzt ist, ein solches Gutach–
ten überhaupt ausstellen?
Und für die paar Zeilen ei–
ne Honorarforderung von
20 Mark? - Einfach lächer–
lich!!!"
Das Recht:
§
17, Absatz 2
der Allgemeinen Schulord–
nung legt fest, daß die Vor–
lage eines ärztlichen Atte–
stes verlangt werden kann,
wenn ein Schüler länger als
10 Tage fehlt. Wichtig dabei
ist das Wörtchen "kann".
Die Schule muß nicht in je–
dem Fall ein Attest anfor–
dern. Wenn zweifelsfrei
feststeht, daß der Schü–
ler tatsächlich krank zu Hau–
se liegt, und die Art der
Krankheit ein längeres Fern-
bleiben vom Unterricht
rechtfertigt, "kann" darauf
verzichtet werden. Andern–
falls ist die Schule berech–
tigt, die Vorlage eines ärzt–
lichen Zeugnisses zu verlan–
gen, unter Umständen so–
gar eines vom amtlichen
Schularzt. Hannes ist schon
mehr als 20Tage abwesend.
Mit Recht hat darum die
Schule eine ärztliche Be–
scheinigung angefordert.
Zu der Frage, ob Vater
und attestschreibender Arzt
zwei verschiedene Personen
sein müssen, schweigt sich
die Schulordnung aber aus.
Es würde wohl auch zu weit
gehen, so etwas vorzu–
schreiben. Hannes' Vater
durfte also die Masern
seines
eigenen
Sohnes
durchaus selbst bestätigen.
Für den Fall, daß die Zwei-
fel der Schule fortbestehen,
kann sie ja noch eine Un–
tersuchung durch den Schul–
arzt veranlassen.
Wie aber steht es mit dem
Honorar, da,s Hannes' Vater
für das Attest kassieren
möchte? Darauf wird er
wohl lange warten müssen.
Ärztliche Atteste gehören
nämlich nicht zu jenen Lei–
stungen wie Schulbücher
oder Schulbus, die unser
Staat für die Ausbildung
des Nachwuchses finanziert.
Auch die Krankenkassen
springen hier nicht ein.
Ärztliche Atteste müssen die
Eltern wohl oder übel selbst
bezahlen.