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M

it sechs beginnt der

Ernst .des Lebens. Aus

,,unserem Bubi " wird

der Schüler Bernhard,

em stolzer ABC-Schütze mit

mannshoher Tüte. Papa und

Mama müssen ihn aus ihrer

Obhut entlassen - hinein in

die unbekannte Welt der

Schule. jahrelang wird sie von

jetzt an mächtig eingreifen in

das Leben der Familie. Sie be–

einflußt nicht nur Bernhards

Tageslauf mit Unterrichts- und

Hausaufgabenzei t. Sie lehrt

ihn nicht nur Lesen, Schrei–

ben und Rechnen, sie erzieht

ihn auch, formt seinen Geist

und Charakter.

Auch wenn die Eltern möch–

ten, können sie diese Erzie–

hungs-" Konkurrenz "

nicht

ausschalten; denn der Staat

bestimmt, daß jedes Kind vom

siebten

Lebensj~hr

an die

Schule besuchen muß. Und

da läßt er nicht mit sich spa–

ßen : Wer die Pflicht verwei–

gert, muß mit Strafe rechnen.

Maßt sich der Staat da nicht

zuviel an? Beansprucht er

_nicht ein Recht, das eigent–

lich bei den Eltern liegt? Denn

im Grundgesetz-Artikel 6 le–

sen wir doch : " Pflege und

Erziehung der Kinder sind das

natürliche Recht der Eltern

und die zuvörderst ihnen ob–

liegende Pflicht. "

Unsere Verfassung räumt

zweifellos dem elterlichen Er–

ziehungsrecht hohen Rang ein

("zuvörderst" ist es und " na–

türlich"). Gleichzeitig gibt sie

aber auch dem Staat einen

Erziehungsauftrag. Das steht

schon zwischen den Zeilen

des Grundgesetz-Artikels 6;

denn nicht etwa allein, so le–

sen wir, sondern nur "zuvör–

derst" sollen die Eltern erzie–

hen. Lapidar aber heißt es

dann im Artikel 7 des Grund–

gesetzes : "Das gesamte Schul–

wesen steht unter der Auf–

sicht des Staates. " Ebenso

deutlich spricht Artikel

131

der Bayerischen Verfassung:

" Die Schulen sollen nicht nur

Wissen und Können vermit–

teln, sondern auch Herz und

Charakter bilden." Kein Zwei –

fel also: Der Staat ist dabei,

wenn es um Erziehung geht,

die Schulen haben einen nicht

weniger rechtmäßigen Erzie–

hungsauftrag als die Eltern.

Warum das so ist, so sein

muß, leuchtet ein : Welcher

Bürger hätte schon die Fähig–

keit, die Fertigkeit und nicht

zuletzt auch das nötige Geld,

seine Kinder ganz auf eigene

Faust zu unterrichten? Sie so–

zusagen im Alleingang mit

der ganzen Fülle von Wissen

und Fähigkeiten auszurüsten,

die sie in unserer hochtechni-

sierten Welt heute brauchen?

Ein Industriestaat, noch

dazu ein demokratisch aufge–

bauter, setzt einen so hohen

Bildungs- und Ausbildungs–

stand der Bevölkerung vor–

aus, daß er weit über dem

liegt, was Kindern nur durch

das Elternhaus beigebracht

und mitgegeben werden

könnte. Darum eilt der Staat

Bildung

im Alleingang?

den Eltern zu Hilfe, gründet

Schulen, legt Bildungswege

fe·st, tüftelt Lehrpläne aus, be–

ruft und bezahlt die Fachleute

für den Unterricht. Riesige Be–

träge an Steuergeldern sind

der Preis dafür, daß mit Hilfe

unserer Schulen jedes Kind

eine Ausbildung erhält, die

seinen Begabungen und In–

teressen entspricht.

Damit dieses ganze Sy–

stem funktioniert, müssen die

Eltern Einschränkungen ihrer

ursprünglichen

Erziehungs-

.freiheit und ihres Erziehungs–

" Primats" hinnehmen. Sie

müssen sich sogar staatlichen

Zwang gefallen lassen, wie

zum Beispiel die Schulpflicht.

Aber auch in dem von ihm

betriebenen und organisier-

ten Schulwesen hat der

Staat nicht die volle Ver–

fügungsgewalt. Weil das

Recht der Eltern auf die

Erziehung " natürlich" ,

das heißt eine Natur–

gegebenheit und ein

Grundrecht ist, dar–

um steht es dem

Erziehungsanspruch

der Schule nicht

nach. Es wirktauch

dort, wo der Staat

die Zügel führt.

Bei näherem

Zusehen

ent–

puppt sich so

die Schule in

unserem de-

mokratisch

Staat als e1

eigentümliches

Mischgebiet, in dem

-zweierlei

Erziehungsrechte

sich durchdringen, ergänzen,

überlagern, wechselseitig ein–

schränken und oft auch mit–

einander in Konkurrenz lie–

gen. Wo endet der Rechtsbe–

reich der Eltern, wo der der

Schule?

Die Grenze zwischen El–

ternrecht und staatlichem Er–

ziehungsauftrag in der Schule

ist nicht immer klar zu erken–

nen. Häufig muß die Tren–

nungslinie erst gefunden und

neu bestimmt werden. Das

geschieht z. B. bereits in den

Sprechstunden der Lehrer,

wenn Eltern ihren Rechts–

standpunkt vortragen. Vor al–

lem aber liegt diese wichti

Mitgestaltungsaufgabe in

Hand der Elternbeiräte, die es

an jeder Schule gibt. Hervor–

gegangen aus freien und ge–

heimen Wahlen, "repräsen–

tieren" sie den Willen ihrer

Wähler, sind sie befugt, für

das Elternrecht zu sorgen.

Wie man das richtig oder

falsch macht, davon wird in

den nächsten Artikeln dieser

Folge noch viel und sehr kon–

kret zu reden sein. Heute soll

einmal an den obersten und

wichtigsten Leitgedanken die–

ser ganzen Tätigkeit erinnert

werden. Es gibt nämlich · so

·etne Art Hauptnenner, eine

zentrale Idee für die elterli–

che Mitgestaltung der Schule.

Wer sie kennt und beachtet,

besitzt ein vorzügliches Ori–

entierungsmitteL Wie ein

Kompaß kann es ihm helfen,

den richtigen Weg durch das

Wer gibtdenTon an in der Erziehung? Eltern oder Schule

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