Soviel wie möglich draußen,
soviel wie nötig drinnen
-
14 Tage, die Im Flug
vergehen. Der Unterricht Im
Schullandhelm hat eigene
Gesetze.
WOCHEN
MIT
S
ie sehen das Schulland–
heim schon von wei–
tem", hatte es am Tele–
fon geheißen. " Es steht
am Berghang, am jenseitigen
Ufer des Rußweihers. Sie
können es nicht verfehlen!" -
Doch so einfach war es nicht
für den S& W-Reporter und
den Fotografen in der nebli–
gen Schwärze einer Dezem–
bernacht ein einsam stehen–
des Haus zu finden. Der
Lichtkegel der Autoschein–
werfer leuchtete immer nur
ein kleines Stück Bundesstra–
ße aus. Nichts war zu sehen
von den Höhenrücken und
Wäldern des nahen Fichtel–
gebirges, nichts von dem
Wasserspiegel des Rußwei–
hers. Aber irgendwo zwi –
schen Kirchenthumbach und
Eschenbach war es dann: Ur–
plötzlich strahlte uns der wei–
ße Wegweiser mit der Auf–
schrift " Schullandheim " an.
Wir bogen in die Seitenstra–
ße, und schließlich wies Licht
zwischen Baumstämmen das
letzte Stück des Weges.
Frau Rinnagl, die Heimlei–
terin empfing uns. Sie war als
einzige noch auf, um uns die
Gästezimmer zu zeigen . ln
den Schlafräumen der Haupt-
10
schüler aus Neustadt an der
Donau hatte die Ankunft der
S&W-Reporter für Aufregung
gesorgt. Schließlich erleben
es Schüler nur selten, daß ein
Tag aus ihrem Leben im
Schullandheim für eine Zei–
tung dokumentiert werden
soll.
Schule
einmal anders
Dabei ist dieses Thema im–
mer gut für ein paar Spalten
oder Seiten; denn im Schul–
landheim zeigen Unterricht
und Schule ein neues, reiz–
volles Gesicht : 14 Tage lang
mit den Klassenkameraden
und dem Lehrer fern der Stadt
in unberührter Landschaft zu–
sammenleben, das gibt viele
Gelegenheiten zu lehrreichen
Erlebnissen und Erfahrungen
mit der Natur, der Kultur, mit
Menschen und ihrer Geschich–
te. Man lernt sich unterein–
ander besser kennen, erlebt
Lehrer und die Mitschüler von
ganz neuen Seiten, kommt ins
Gespräch, kann Außenseiter in
die Gemeinschaft einbezie–
hen, Rücksichtsnahme üben,
Toleranz lernen - und der
Lehrer hat Muße, mit den
Kindern Themen zu behan–
deln und Vorhaben durchzu–
führen, für die es im norma–
len Schultag kaum Gelegen–
heit gibt.
Der Tag nach unserer An–
kunft
im
Schullandheim
Eschenbach begann um 7 Uhr.
Lehrer Herrmann klopfte die
· Buben und Mädchen seiner
Klasse aus dem Schlaf. Eigent–
lich stand "Waldlauf" als er–
ster Punkt auf dem Pro–
gramm. Aber daraus wurde
nichts. Die Wege waren ver–
eist, die Sturzgefahr zu groß.
So traf sich die Klasse an die–
sem Morgen erst zum Früh–
stück. Nach dem Aufräumen
der Zimmer begann das täg–
liche Unterri"chtspensum mit
zwei Stunden Kunsterzie–
hung. Die Schüler arbeiteten
an Themen, die ganz von der
vorweihnachtlichen Zeit ge–
prägt waren : an Wachsmo–
deln für den Christbaum, an
Gewürzsträußchen oder an
Bauernmalerei . Eine Stunde
Deutschunterricht beschloß
den offiziellen Teil des Vor–
mittags. Bis zum Mittagessen
blieb noch reichlich Zeit für
Spiel und Spaß in Form von
Tischtennis, Lesen, Superhirn.
Das Wetter an diesem 13.
Dezember zeigte sich von der
unfreundlichsten Seite. Es war
kalt, feucht, nebelig. Der ur–
sprünglich nach der Mittags–
ruhe um 14 Uhr geplante Un–
terrichtsgang mit dem Förster
mußte verschoben werde
Nicht der Natur, sondern de
Kultur sollte darum dieser ,
Nachmittag gehören : der be–
rühmten Barockkirche des
Klosters Speinshart.
Selbst forschen
und entdecken
Durch den verschneiten
Wald führte die Wanderung
hinauf auf die Höhe hinter
dem Heim und von dort vor–
bei an brachen Feldern, bis
sich schemenhaft das Ziel im
Nebel abzeichnete und die
Klasse schließlich in den dunk–
len Kirchenraum des Klosters
Speinshart trat. Ein Prämon–
stratensermönch führte die
Schüler, schwärmte von Wolf–
gang Dientzenhofer, dem
Baumeister, und von Carlos
Luchese, dem Meister der
Stukkaturen. Er erklärte die
kunstvollen Holzschnitzereien
am Gestühl und erzählte aus
der Geschichte des Klosters
und seiner Bewohner.