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Fortsetzung

von Seite 11

und Sport, Vergleichskämpfe

mit der Schuljugend des be–

nachbarten Ortes. Besonders

beliebt ist auch Technisches

Werken. Ein Wasserrad bauen

und am nahen Bach aufstel–

len und klappern lassen:

Ohne Zeitzwang erkunden,

bauen, experimentieren, ver–

gleichen, beurteilen, verbes–

sern die Schüler ihr Werk,

lösen halb im Spiel die ge–

stellte technisch-konstruktive

Aufgabe.

Eine Idee

mit Tradition

Daß das Schullandheim ei–

ne gute Sache ist, ist keine

neue Entdeckung. Schon die

ersten Häuser dieser Art- sie

entstanden um die Jahrhun–

dertwende - waren gedacht

als Zufluchtsort vor dem rei–

nen Lernbetrieb der Alltags–

schule in der Großstadt. Die

deutsche Jugendbewegung

und neue Erziehungsideen

gaben den Anstoß. Junge na–

turverbundene Lehrer trugen

diese Gedanken in die Schu–

le. Seither geht sie aufs Land.

Die ersten Heime waren noch

spartanisch eingerichtet, be–

standen meist nur aus einem

Schlafsaal mit Strohsäcken

am Boden und einfachsten

Waschgelegenheiten .

Aber

dabei blieb es nicht. Die be–

geisterten "Schullandheimer"

warben für ihr Anliegen, fan–

den Geldgeber, verwirklichten

manchmal sogar ganz ausge–

fallene Ideen. So zum Beispiel

baute der Lehrer Hans Sax in

den dreißiger Jahren ein aus–

gedientes Lazarettschiff zu ei–

nem schwimmenden Schul–

landheim aus.

Heute gibt es in Deutsch–

land 360 Heime. Rechnet

man auch die Jugendherber–

gen dazu, die mit Unter–

richtsräumen und Außenge–

lände für einen Schulland–

heimaufenthalt gerüstet sind,

dann sind es mehr als dop–

pelt so viele. Allein 80 stehen

in Bayern : abseits vom Trubel

der Städte, umgeben von

reizvoller Landschaft und vie–

·len lohnenden Zielen für ei–

nen lebensnahen Unterricht.

Mehr als ein Drittel der Häu–

ser, die für einen Schulland–

heimaufenthalt in Frage kom–

men, stehen im Alpenvorland.

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Der Unterricht ist nicht die Hauptsache. Die Tage im Schullandheim sind Ta

Aber auch viele andere schö–

ne Gegenden Bayerns sind

vertreten : der Jura, das Alt–

mühltal, der Bayerische Wald,

das Fichtelgebirge, Donautal,

Dreiburgenland, der Steiger–

wald, Odenwald und die

Bayerische Rhön.

Die meisten dieser Heime

und Herbergen betreibt ein

eigener, gemeinnütziger Ver"

ein, da.s Schullandheimwerk,

oder das Jugendherbergs–

werk. Ihre Sorge ist es, das

Geld für die hohen Unkosten

aufzubringen, zum Beispiel

durch Spendenaktionen. Nie–

mand, der ein Herz für Kin–

der hat, sollte die kleinen

Sammler des Schullandheim–

werks abweisen, wenn sie

vom 17. bis 24. April 1978

mit ihren Listen an die Haus–

türen kommen . Wer einen

größeren Betrag spenden

will , dem verrät S

&

W hier

die richtige Kontonummer:

Landesverband der bayeri–

schen Schullandheime. Konto–

Nr. 217 950 der Städtischen

Sparkasse Regensburg.

Auch Städte und Gemein–

den wie Würzburg, Augs–

burg, München, Burghausen,

Schweinfurt, Rappershausen,

Memmingen und Lindenberg

im Allgäu fördern die Schul–

landheime. Dazu kommen

Elternvereinigungen , ehema–

lige Schüler, das Kloster Be–

nediktbeuern, die Diözese

Augsburg, der Kreisjugend–

ring und die Arbeiterwohl–

fahrt. Vater Staat schließt sich

da nicht aus. Er gibt Zuschüs–

se für den Neubau, den Um–

bau und die Modernisierung

von Schullandheimen.

Am Geld soll's

nicht scheitern

Die Buben und Mädchen

der Klasse 9a der Volksschule

Neustadt an der Donau be–

zahlten für Kost und Logie

im Schullandheim Eschenbach

pro Tag und Nase 11 ,90 DM.

Natürlich ist das nur ein Teil

der tatsächlich entstehenden

Unkosten. Darum schießt das

Schullandheimwerk

Ober–

pfalz-Niederbayern pro Schü–

ler und Tag noch 6 Mark zu.

Trotzdem sind die Wochen

im Schullandheim für man–

che Eltern eine Belastung.

14 Tage schlagen - wenn

man Fahrt und etwas Ta–

schengeld hinzurechnet- mit

gut 200 Mark zu Buche. Da–

mit kein Schüler zurückblei-

ben muß, tut der Lehrer gut

daran, die Eitern rechtzeitig

über seine Pläne zu informie–

ren und außerdem zu versu–

chen , beim Elternbeirat, bei

Gönnern und Freunden des

Schullandheims Geld locker–

zumachen.

Die Vorbereitungen für die

Expedition ins Schullandheim

erstrecken sich aber nicht nur

auf die Fragen der Finanzie–

rung. Die Eitern müssen früh–

zeitig erfahren, welchen Sinn

und Zweck der Lehrer mit

seinem Vorhaben verfolgt.

Sie sollen wissen, welche

Kleidung und Wäsche, wie–

viel Taschengeld und was

sonst noch alles die Kinder

mitnehmen oder besser zu

Hause lassen sollen. Briefe

ins Schullandheim sind er–

wünscht, aber Päckchen und

Pakete problematisch: Die

Brieftasche des Vaters soll

hier keine Unterschiede auf–

kommen lassen. Das könnte

ein wichtiges Ziel der Fahrt

stören: das Erlebnis der Ge–

meinsamkeit und der Ge–

meinschaft.

" So kurz vor Weihnachten

und in der kalten Jahreszeit

wollte ich mit meiner Klasse

eigentlich nicht ins Schulland–

heim fahren ", meinte rück–

blickend Lehrer Herrmann,

als sich S

&

W im Januar nach

dem Ausgang der Expedition

erkundigte, "aber die Som–

mermonate waren schon aus–

gebucht. Trotzdem war unser

Unternehmen ein voller Er–

folg. Das Arbeitsklima ist seit–

her verändert; es ist besser

geworden. Und das Mehr an

gegenseitigem Vertrauen hilft

mir jetzt nach der Rückkehr

beim Unterricht. "

Nicht alle Lehrer sind scharf

darauf, sich in das Abenteuer

"Schullandheim " zu stürzen.

Manchen scheint die Sache

riskant. Wenn ·sie daran den–

ken, was alles passieren kann,

falls nur ein einziger unbe–

herrschter Schüler über die

Stränge schlägt, verlieren sie

den Mut. Ihnen verrät Lehrer

Axel Klemm aus Starnberg,

der bereits mit sechs Klassen

im Schullandheim war, sein

Geheimnis: "Ich habe die Er–

fahrung gemacht, daß sich

gerade die Problemschüler

und die notorischen Stören–

friede im Schullandheim oft

erstaunlich wandeln, sich in

die Gemeinschaft einfügen

und nach der Rückkehr prima

mitarbeiten ."

e

Rheinländer, Boarischer und Polka,

der S & W-Fotograf knipste den

abendlichen Volkstanz-Kurs im

Schullandheim.