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Ein Länderporträt über Palästina
Einsichten und Perspektiven 4 | 16
kümmern sich die Palästinenser dem Plan
zufolge selbst um die zivilen Angelegenhei-
ten, stehen jedoch unter der Kontrolle des
israelischen Militärs. Zone C – 62 Prozent
des Territoriums – wird gänzlich vom israe-
lischen Militär verwaltet. Ein Blick auf die
jüngste Karte der UN macht deutlich, wie
komplex dieses System ist: Bei den Zonen
handelt es sich mitnichten um großflächi-
ge Einteilungen, sondern vielmehr um ei-
nen Flickenteppich, der dafür sorgt, dass die
israelische Kontrolle im ganzen Gebiet ge-
währleistet ist. Das Festhalten an der Souve-
ränität über die Sicherheitspolitik liegt auch
darin begründet, dass mittlerweile mehr als
eine halbe Million israelische Staatsbürger
in Siedlungen im Westjordanland leben, die
vom Militär geschützt werden. Die Siedlun-
gen selbst sowie ein mal mehr, mal weniger
großes Gebiet um sie herum, dürfen von Pa-
lästinensern nicht betreten werden. Anders
ist es in Gaza, dem Küstenstreifen am öst-
lichen Mittelmeer: Hier haben sich die Is-
raelis militärisch zurückgezogen und gegen
den Widerstand der Siedler deren Häuser
zwangsgeräumt. Heute kontrolliert Israel die
nördliche und östliche Grenze zum eigenen
Staatsgebiet, Ägypten wacht über den Süden.
Innerhalb Gazas hat die
Hamas
faktisch die
komplette Kontrolle übernommen.
Der historische Palästina-Begriff bezeich-
nete einst Teile des Gebiets der heutigen
Staaten Israel und Jordanien sowie den Gaza-
streifen und das Westjordanland. Über vier
Jahrhunderte herrschten hier die Osmanen. Vor dem Aus-
bruch des Ersten Weltkriegs, an dessen Ende das britische
Völkerbund-Mandat
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über das Gebiet stand, lebten rund
720.000 Menschen in Palästina: 83 Prozent Muslime, elf
Prozent Christen und fünf Prozent Juden, die in Jerusalem
allerdings bereits zum damaligen Zeitpunkt die größte
16 Die Briten übernahmen 1920 das Mandat für Palästina aus der Konkurs-
masse des Osmanischen Reichs. Im geheimen „Sykes-Picot-Abkommen“
von 1916 hatten Frankreich und England ihre kolonialen Interessengebiete
im Nahen Osten aufgeteilt. Das widersprach fundamental dem Versprechen
eines panarabischen Staates, der den Arabern im Ersten Weltkrieg von den
Briten zugesagt worden war, damit sie sich gegen die Osmanen, die mit
Deutschland verbündet waren, auflehnten. 1917 stellte Großbritannien im
Rahmen der „Balfour-Deklaration“ außerdem in Aussicht, in Palästina eine
„nationale Heimstätte“ des jüdischen Volkes zu erschaffen.
Bevölkerungsgruppe ausmachten.
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Das Erstarken des
europäischen Antisemitismus (und damit einhergehend
auch des Zionismus) sowie schließlich die Ermordung der
europäischen Juden führten dazu, dass sich immer mehr
verfolgte Menschen auf den Weg ins „Gelobte Land“
machten. Auseinandersetzungen zwischen arabischen und
jüdischen Bewohnern nahmen zu – die Vereinten Nati-
onen arbeiteten eine Lösung des Konflikts aus, indem
Palästina in zwei Staaten geteilt werden sollte: einen jüdi-
schen und einen arabisch-palästinensischen.
17 Noch 1880 lebten in Palästina nur rund 460.000 Menschen. Viele Bewoh-
ner waren aus anderen Teilen des Osmanischen Reichs wie Ägypten, Bul-
garien, Rumänien oder Algerien zwangsumgesiedelt worden. Vgl. Gil Ya-
ron: Jerusalem. Ein historisch-politischer Stadtführer, Bonn 2008, S. 130.
Quelle:
weltkarte.com