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Politikfeld Wald

Einsichten und Perspektiven 4 | 16

Die Veränderung des Waldkleides

Von Natur aus wären in Bayern zwei Drittel der Waldflä-

che mit Laub-, ein Drittel mit Nadelbäumen bestockt. Auf

die Baumartenzusammensetzung hat der Mensch bereits

sehr früh Einfluss genommen. In Wäldern, in denen über-

wiegend Landwirtschaft in Form von Weide betrieben

wird, spielte z.B. die Eiche als Früchte tragende Baumart

eine zentrale Rolle in der Schweinemast. Dies führte zu

einem deutlichen Rückgang der Buche und einer Tradi-

tion der Eichenwirtschaft. In Niederwäldern wurden und

werden in einem bestimmen Turnus alle Bäume genutzt

(auf den Stock gesetzt

7

). Mit dieser Wirtschaftsweise wur-

den Baumarten protegiert, die die Fähigkeit besitzen, aus

dem Stock auszuschlagen.

Infolge der Devastierung (Zerstörung) der Wälder im

18. Jahrhundert wurde eine moderne wissenschaftsba-

sierte Forstwirtschaft, die ihren strukturellen Niederschlag

in Forstverwaltungen fand, eingeführt. Große, devastierte

Kahlflächen können aktiv am besten mit frost- und tro-

ckenresistenten Schlussbaumarten wie Kiefern und Fich-

ten begründet werden. Der Umbau der einst laubholz-

dominierten Wälder in nadelholzreiche Bestände (Kiefer,

Fichte) fand mit der wissenschaftlich begründeten Reiner-

7 Bäume verfügen über die Möglichkeit, aus dem Stock (Baumstumpf) neue

Triebe zu bilden. Diese Fähigkeit ist bei den Baumarten sehr unterschied-

lich ausgeprägt.

tragslehre seinen Höhepunkt. Nadelreinbestände prägen

heute noch das Waldbild. Neben der Etablierung einer

planmäßigen Holznutzung wurde zu dieser Zeit die Ent-

flechtung von der landwirtschaftlichen Nutzung in den

Wäldern als besondere Herausforderung gesehen. Die

Streunutzung

8

in den Wäldern spielt heute praktisch keine

Rolle mehr, die Weide findet noch auf wenigen Flächen

im Bayerischen Alpenraum und im Bayerischen Wald

traditionsgemäß statt. Die land- und forstwirtschaftliche

Nutzung wurde somit auf den meisten Flächen segregiert.

Aus der Perspektive des Artenschutzes sind jedoch die

Streunutzung und die damit verbundene Verarmung des

Bodens oder durch Weide licht gehaltene Wälder durch-

aus interessant und erhaltenswert. Die Arten haben sich

an dieses Nutzungsregime angepasst, so dass eine natürli-

che Entwicklung den „Lebensraum“ zerstört. Der Kampf

um die letzten Flechtenkiefernwälder, die bis jetzt über

90 Prozent ihrer Ausdehnung in Bayern verloren, veran-

schaulicht die Folgen dieser Entwicklung.

Vor allem großflächige abiotische und biotische Scha-

densereignisse (Insektenkalamitäten, Windwürfe, etc.)

haben bei zahlreichen politischen Akteuren eine kritische

Sicht auf die weit verbreiteten Nadelholzreinbestände

8 Wenn in Wäldern die Laub- oder Nadelstreu entfernt wird, so bezeichnet

man dies als Streunutzung. Die Streu wurde meist als Einstreu in der Vieh-

haltung verwendet.

Waldfläche in Bayern nach Baumartengruppe

Daten: Dritte Bundeswaldinventur 2012,

https://bwi.info/inhalt1.3.aspx?Text=1.04%20Baumartengruppe%20(

rechnerischer%20Reinbestand)&prrolle=public&

prInv=BWI2012&prKapitel=1.04 [Stand: 29.11.2016]

14 %

15 %

41 %

1 %

17 %

2 % 2 % 0,2 %

2 %

7 %

Eiche 165.244 ha

Buche 338.317 ha

andere Laubbäume 365.679 ha

Fichte 1.017.672 ha

Tanne 57.193 ha

Kiefer 417.263 ha

Lärche 52.393 ha

Lücke 52.157 ha

Blöße 3.796 ha

Wasserfläche 1.234 km

Douglasie 19.196 ha