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Politikfeld Wald

Einsichten und Perspektiven 4 | 16

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren viele Wälder weit-

gehend devastiert; die nutz- und bringbaren und damit

verfügbaren Holzvorräte waren entsprechend aufge-

braucht. Die Einführung der Steinkohle als fossiler Brenn-

stoff, sowie der Eisenbahnausbau haben den Druck, der

auf den Wäldern als Hauptenergielieferant lastete, verrin-

gert. In dieser Atempause konnten sich die Wälder wieder

erholen. Durch Saat und Pflanzung konnten sie wieder

aufgebaut werden, weil die Nachfrage nach dem Brenn-

stoff Holz durch die Kohle kompensiert werden konnte.

Insgesamt blieb jedoch der Anteil der Waldflächen stabil.

Heute noch existierende große zusammenhängende Wald-

gebiete wurden schon sehr früh mit einem Bann belegt.

Weniger die Holzproduktion, als vielmehr das Jagdver-

gnügen der Landesherrschaft und des Adels stand im Vor-

dergrund und ein Erhalt dieser Wälder konnte durch die

Machtbefugnis der Fürsten durchgesetzt werden. Andere

Nutzungen waren weitgehend ausgeschlossen. Es handelt

sich hier also um eine sehr frühe Form der Segregation.

Seit der Neuzeit und der später einsetzenden Industri-

alisierung kam es vor allem in den Verdichtungsräumen

Nürnberg und München für den Bau von Siedlungen und

Infrastruktureinrichtungen zu umfangreichen Rodun-

gen. Wald wurde in andere Formen der Landnutzung,

wie Landwirtschaft, Siedlung, Infrastruktur, Industrie,

Gewerbe umgewandelt. Die Zunahme der Walderho-

lung seit den 1960er Jahren hat zu einer veränderten

Betrachtung der Rolle der Wälder, vor allem im Umfeld

von Verdichtungsräumen, geführt. Die gesellschaftliche

Bedeutung der Wälder wurde überwiegend aus einer

funktionalen Perspektive der sogenannten Waldfunktio-

nen (Wasserschutz, Klimaschutz, Erosionsschutz, Biotop-

schutz) wahrgenommen. Die intensive Thematisierung

insbesondere der Schutzaspekte hat zu der Vorstellung

geführt, dass die Wälder selbst geschützt werden müs-

sen, da sie menschliche Grundbedürfnisse (Wasser, Luft)

sicherstellen und damit unabdingbar für die Daseins-

vorsorge sind. Rechtlich niedergeschlagen hat sich diese

Grundhaltung und Überzeugung im sogenannten „Bann-

wald“. Dieser ist nach der Definition des Bayerischen

Waldgesetzes (BayWaldG) Wald in Verdichtungsräu-

men und waldarmen Gebieten, der unersetzlich ist. Die

Rodung ist nur in Ausnahmefällen möglich und erfordert

laut Gesetz entsprechende Kompensationsmaßnahmen in

Form von Aufforstungen an räumlich funktional gleicher

Stelle, um die Waldflächensubstanz in diesen Räumen

Historischer Kupferstich Schloss Zeil mit Umgebung

Quelle:

©

Waldburg-Zeil’sches Gesamtarchiv Schloß Zeil