Table of Contents Table of Contents
Previous Page  59 / 80 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 59 / 80 Next Page
Page Background

59

„Der Mensch hat kein Bewusstsein im Kampf ums Überleben. Er reagiert.“

Einsichten und Perspektiven 4 | 16

Einrichtungen können in Einzelfällen als Stütze für unsere

Therapie genutzt werden. Man muss die Institutionen

aber kennen und prüfen, um Radikalen und Fundamen-

talisten keinen Zugang zu diesem Prozess zu ermöglichen.

Auch bei der Wahl der Dolmetscher achten wir zum Bei-

spiel darauf.

LZ:

Sie haben auf der Tagung zum Thema Gewalt in Tutzing

erzählt, dass Sie viel mit Tätern zu tun hatten, die selber

traumatisiert wurden – wie etwa Kindersoldaten. Wie sehen

solche Lebensläufe aus? Wie sind Opfererfahrungen mit Tä-

terhandeln verknüpft?

Barbara Abdallah-Steinkopff:

Der Umgang mit ehema-

ligen Kindersoldaten, die zwangsrekrutiert wurden, ist

äußerst schwierig. Wurden Kinder in ganz jungen Jah-

ren, beispielsweise mit acht, gekidnappt und zu Kämp-

fern ausgebildet, hat das massive Auswirkungen auf die

kindliche psychosoziale Entwicklung. Wenn aber Jugend-

liche betroffen sind, können sich diese oftmals auf ihr

vorheriges Wertesystem und auf erlebte gute Bindungen

zurückbesinnen. Die Vulnerabilität von Kindern ist viel

höher, doch 17-Jährige haben in einigen Fällen noch eine

tragfähige Bindung zu ihren Normen und Werten vor der

Rekrutierung.

Die Schuldfrage oder -zuweisung ist in solchen Fällen

nicht einfach. Viele dieser Klienten erleben Flash Backs

und sehen dann ihr Opfer vor sich. Um ihrer massiven

Schuld begegnen zu können, helfen Tätigkeiten.

Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass

die Möglichkeiten des Einsatzes von Flüchtlingen als Mul-

tiplikatoren für ihre Landsleute noch mehr genutzt wer-

den könnten. Ihre Kompetenzen helfen anderen Geschä-

digten. Gleichzeitig fungieren sie als Vorbild dafür, sich in

einer neuen Gesellschaft zurecht zu finden.

LZ:

Danke für das Gespräch.

Was sind Traumata?

Ein Trauma ist oft Resultat von Gewalteinwirkung –

sowohl physischer wie psychischer Natur. In der

Medizin versteht man unter Trauma eine Verletzung,

Schädigung oder Wunde, die durch Gewaltein-

wirkung von außen entsteht. Aus psychologischer

Sicht beschreibt Trauma eine seelische Verletzung,

resultierend aus einem belastenden Ereignis. In

vielen, wenn auch nicht in allen Fällen, sind diese

eng miteinander verknüpft, die Traumatisierungen

erfolgen oftmals sogar zeitgleich oder bedingen

sich. Klassische Beispiele sind hier die posttrauma-

tischen Belastungsstörungen verletzter Soldaten,

Flüchtlinge, von Opfern von Gewaltverbrechen oder

Unfallopfern. Traumatisierungen, die zunächst rein

psychischer Natur sind, können sich in der Folge in

psychosomatischen Leiden niederschlagen.

Quelle:

http://www.deutsche-traumastiftung.de/

traumata/ [Stand: 30.11.2016]