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„Der Mensch hat kein Bewusstsein im Kampf ums Überleben. Er reagiert.“
Einsichten und Perspektiven 4 | 16
Einrichtungen können in Einzelfällen als Stütze für unsere
Therapie genutzt werden. Man muss die Institutionen
aber kennen und prüfen, um Radikalen und Fundamen-
talisten keinen Zugang zu diesem Prozess zu ermöglichen.
Auch bei der Wahl der Dolmetscher achten wir zum Bei-
spiel darauf.
LZ:
Sie haben auf der Tagung zum Thema Gewalt in Tutzing
erzählt, dass Sie viel mit Tätern zu tun hatten, die selber
traumatisiert wurden – wie etwa Kindersoldaten. Wie sehen
solche Lebensläufe aus? Wie sind Opfererfahrungen mit Tä-
terhandeln verknüpft?
Barbara Abdallah-Steinkopff:
Der Umgang mit ehema-
ligen Kindersoldaten, die zwangsrekrutiert wurden, ist
äußerst schwierig. Wurden Kinder in ganz jungen Jah-
ren, beispielsweise mit acht, gekidnappt und zu Kämp-
fern ausgebildet, hat das massive Auswirkungen auf die
kindliche psychosoziale Entwicklung. Wenn aber Jugend-
liche betroffen sind, können sich diese oftmals auf ihr
vorheriges Wertesystem und auf erlebte gute Bindungen
zurückbesinnen. Die Vulnerabilität von Kindern ist viel
höher, doch 17-Jährige haben in einigen Fällen noch eine
tragfähige Bindung zu ihren Normen und Werten vor der
Rekrutierung.
Die Schuldfrage oder -zuweisung ist in solchen Fällen
nicht einfach. Viele dieser Klienten erleben Flash Backs
und sehen dann ihr Opfer vor sich. Um ihrer massiven
Schuld begegnen zu können, helfen Tätigkeiten.
Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass
die Möglichkeiten des Einsatzes von Flüchtlingen als Mul-
tiplikatoren für ihre Landsleute noch mehr genutzt wer-
den könnten. Ihre Kompetenzen helfen anderen Geschä-
digten. Gleichzeitig fungieren sie als Vorbild dafür, sich in
einer neuen Gesellschaft zurecht zu finden.
LZ:
Danke für das Gespräch.
Was sind Traumata?
Ein Trauma ist oft Resultat von Gewalteinwirkung –
sowohl physischer wie psychischer Natur. In der
Medizin versteht man unter Trauma eine Verletzung,
Schädigung oder Wunde, die durch Gewaltein-
wirkung von außen entsteht. Aus psychologischer
Sicht beschreibt Trauma eine seelische Verletzung,
resultierend aus einem belastenden Ereignis. In
vielen, wenn auch nicht in allen Fällen, sind diese
eng miteinander verknüpft, die Traumatisierungen
erfolgen oftmals sogar zeitgleich oder bedingen
sich. Klassische Beispiele sind hier die posttrauma-
tischen Belastungsstörungen verletzter Soldaten,
Flüchtlinge, von Opfern von Gewaltverbrechen oder
Unfallopfern. Traumatisierungen, die zunächst rein
psychischer Natur sind, können sich in der Folge in
psychosomatischen Leiden niederschlagen.
Quelle:
http://www.deutsche-traumastiftung.de/traumata/ [Stand: 30.11.2016]