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Politikfeld Wald

Einsichten und Perspektiven 4 | 16

zu erhalten. Betrachtet man die Entwicklung der Wald-

fläche in Bayern, so verweisen die Statistiken heute auf

eine positive Flächenbilanz. Der sogenannte „Flächen-

fraß», also die Ausdehnung von Siedlung, Industrie und

Gewerbe erstreckt sich überwiegend auf landwirtschaft-

lich genutzte Flächen. Erforderliche Kompensations- und

Ausgleichsmaßnahmen werden wiederum überwiegend

in landwirtschaftlich genutzten Gebieten durchgeführt.

Auch in diesen Statistiken spiegelt sich die heutige enorme

Wertschätzung der Wälder wider. Prosperierende, flächen-

verbrauchende Entwicklungen finden überwiegend in

Ballungsräumen und damit tendenziell bereits waldärme-

ren Gebieten statt, während waldreiche, peripher gelegene

Räume sich mit dem Prädikat strukturschwach schmü-

cken dürfen.

Offensichtlich werden gerade in waldarmen Räumen

erwartete politische Widerstände bei der Inanspruch-

nahme von Waldflächen deutlich höher eingeschätzt als

mögliche Ertragswerte bei einer Umwandlung von Wald

in andere Nutzungsformen. Sowohl die gesellschaftliche

als auch die politische Wertschätzung von Wäldern haben

zusammen mit rechtlichen Bestimmungen zu einer Situ-

ation geführt, in der Waldflächen für die Entwicklung

anderer Landnutzungsarten weitgehend tabu sind. Verän-

derte Werthaltungen, seien sie wirtschaftlich existenziell

oder anderweitig begründet, können jedoch dazu führen,

dass derartige Widerstände als Entwicklungshemmnis aus

einer „vergangenen“ Zeit definiert werden, die es zu modi-

fizieren oder beseitigen gelte.

Die aktuelle Diskussion um die Zone C des Alpen-

plans, der 2012 bei seinem 40-jährigen Bestehen als Best-

Practice-Modell

5

gefeiert wurde, verdeutlicht, dass starre

Grenzen, die Entwicklungen entgegenstehen, keine stati-

schen Einrichtungen sind. Die Zone C oder die „Ruhe-

zone“ ist als streng geschützte Zone konzipiert, in der alle

Verkehrsvorhaben außer notwendigen landeskulturellen

Maßnahmen fur die traditionelle Land- und Forstwirt-

schaft explizit unzulässig sind.

6

Das nachhaltige Ansinnen

von zwei Allgäuer Gemeinden hat dazu geführt, dass über

diese Festlegung intensiv politisch diskutiert wird. Werte

und Wertschätzungen verändern sich und Politik reagiert

auf Veränderungen entsprechend.

5 Vgl. Hubert Job/Hellmut Frohlich/Anna Geiger/Felix Kraus/Marius Mayer:

Der Alpenplan. Eine raumplanerische Erfolgsgeschichte, in: Hubert Job/

Marius Mayer (Hg.): Tourismus und Regionalentwicklung in Bayern (Ar-

beitsberichte der ARL, Nr. 9) Hannover 2013, S. 213–242, hier S. 239.

6 Vgl. Job/Fröhlich/Geiger/Kraus/Mayer (wie Anm. 5), S. 219.

Die Reichsstadt Nürnberg mit dem sie umgebenden Reichswald – Deckenfarbenmalerei auf Pergament, vor 1516

Quelle: picture-alliance/Fotograf: akg-images